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@ParisVictims: Solidarität in 140 Zeichen

Janina Semenova19. November 2015

Nach der Terrorserie in Paris haben Menschen weltweit ihre Solidarität ausgedrückt. Mit dem Projekt "En mémoire" sollen die Opfer auch in Sozialen Netzwerken in Erinnerung behalten werden. Nicht allen gefällt das.

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Trauerfeier nach den Anschlägen in Paris (Foto: DW)
Bild: DW/D. Sabljakovic

Jede Stunde gibt es einen Tweet für jedes Opfer der Terroranschläge in Paris der vergangenen Woche. So lange, bis alle Opfer identifiziert wurden und deren Geschichte in 140 Zeichen beim Kurznachrichtendienst Twitter erzählt wurde.

Wenige Tage nach der Terrorserie in Frankreich startetet die britisch-amerikanische Nachrichten-Website "Mashable" das Projekt "En mémoire" (in Erinnerung). Die Tweets über die Opfer werden auf dem Account "@ParisVictims" veröffentlicht. Jeder Post beinhaltet den Namen, das Alter, die Herkunft und den Beruf, dazu noch weitere Details aus dem Leben.

Die Terroranschläge haben keine bestimmte Gesellschaftsgruppe getroffen. Das macht "En mémoire" deutlich. Unter den Opfern sind Väter in den Vierzigern, junge Studenten, Paare. Nicht nur Franzosen, auch Menschen aus anderen Ländern wie Algerien, Belgien, den USA, Deutschland.

Die Informationen über die Opfer erhalten die Betreiber des Accounts nach eigenen Angaben unter anderem aus Zeitungsinterviews mit Verwandten, die über ihre verstorbenen Angehörigen berichten. Andere Details kommen aus Sozialen Netzwerken, in denen die Opfer selbst Persönliches geteilt hatten.

Screenshot der Website - mashable.com: Opfer von Paris
Eine Liste zeigt auf der Website "mashable.com", woher die Informationen über die Opfer stammen.Bild: mashable.com

Bei Facebook, Twitter und Co haben Menschen an dem Abend der Terrorserie in Paris unter Hashtags wie "RechercheParis" oder "RechercheBataclan" nach ihren Freunden und Verwandten gesucht. Viele haben außerdem die Nachrichten über den Tod ihrer Angehörigen bei Facebook oder Twitter geteilt, um Freunde und Bekannte zu informieren.

Das Projekt zeigt, dass es in Zeiten von Sozialen Netzwerken auch eine neue Art zu trauern gibt. Der Account hat drei Tage nach seinem ersten Tweet fast 47.000 Follower und erhält viel Zuspruch. Zahlreiche Twitter-Nutzer sehen dieses Projekt als eine Chance, die Menschen hinter den Opfern darzustellen und ihnen einen Namen zu geben.

Eine Frage bleibt allerdings offen: Haben die Angehörigen ihr Einverständnis gegeben, dass Fotos und Informationen über die Verstorbenen geteilt werden dürfen? Denn das Persönlichkeitsrecht gilt auch noch über den Tod hinaus. Die deutschen Reaktionen auf Twitter zeigen, dass das Projekt deshalb durchaus umstritten ist.

In Deutschland könnten ethische und medienrechtliche Aspekte bei einem solchen Projekt wirklich problematisch werden. "Name und Foto eines Opfers können nur veröffentlicht werden, wenn Angehörige zugestimmt haben oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt", erklärt Edda Eick, Referentin des Deutschen Presserats.

Die englischen und französischen Reaktionen auf "En mémoire" sind hingegen größtenteils positiv und sprechen von der starken Wirkung, die dieses Projekt hat. "Ruhe in Frieden" oder "das ist herzzerreißend" sind nur einige Äußerungen. Doch mittlerweile gibt es in englischer Sprache auch ein paar Hasskommentare unter den Fotos. "Schiebt alle muslimischen Einwanderer ab", hieß es von diesem Nutzer.

Auch das löst neue Diskussionen aus. Schließlich sollten mit "En mémoire" - wie der Name schon verrät - die Opfer gewürdigt werden.

Kurz nach den ersten Reaktionen zu der Terrorserie in Paris wurden im Netz Stimmen laut, dass die Leute auch andere Opfer von Krieg und Terror nicht vergessen sollen. Mit dem Hashtag "PrayforSyria" sollte auch an Opfer von Krieg und Terror in Syrien gedacht werden. Angelehnt an "Paris Victims" gibt es nun auch ein Pendant zu Syrien: @SyrianVictims

"Paris Victims" ist das erste Projekt, das in einem sozialen Netzwerk einen eigenen Account für die Opfer eines Terroranschlags hat. Es gab aber auch zuvor ähnliche Aktionen, wie beispielsweise "147notjustanumber". Unter diesem Hashtag twitterten Menschen nach dem Terroranschlag auf das Garissa University College in Kenia Fotos ihrer verstorbenen Angehörigen, um deutlich zu machen, dass es sich bei den 147 Opfern um Personen mit einer eigenen Geschichte handelt.