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Der Papst im ältesten christlichen Land

Christoph Strack24. Juni 2016

Der Papst ist für drei Tage in Armenien. Franziskus wird am Mahnmal von Zizernakaberd der Opfer des Völkermords gedenken und in Sachen Ökumene Zeichen setzen.

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Mahnmal für die Opfer des Völkermordes in Armenien - Foto: A. Gazazyan (DW)
Bild: DW/A. Gazazyan

Das Ziel liegt am Ende Europas. Papst Franziskus ist am Freitag gen Osten gereist, nach Armenien. Es ist eine Reise in ein urchristliches Land, zugleich aber auch in die katholische Diaspora. Durch das Gedenken an den Genozid an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Osmanischen Reichist es auch ein politisch aufgeladener Besuch.

Zum 100. Jahrestag des Völkermords hatte sich Papst Franziskus im April 2015 deutlich positioniert. In einer Rede sprach er vom "ersten Genozid des 20. Jahrhunderts". Die Worte des katholischen Kirchenoberhaupts sorgten für heftige Kritik aus der Türkei, brachten aber auch die Debatte in Deutschland voran, die am Ende zur Armenien-Resolution des Bundestages führte.

Dabei hatte Franziskus einfach exakt das wiedergegeben, was sein Vor-Vorgänger Johannes Paul II. 2001 bei einem Besuch in Eriwan verwendet hatte. Gewiss wird Franziskus eine entsprechende Formulierung finden, wenn er in der armenischen Hauptstadt den Denkmalkomplex Zizernakaberd besucht, der an die Opfer des Genozids erinnert.

"Kette von positiven Entwicklungen"

Gleich zu Beginn hat Franziskus Staatspräsident Sersch Sargsjan in der Hauptstadt besucht. Trotzdem scheint die Papstreise vor allem kirchlich ein Signal zu setzen. "Es gibt eine längere Kette von positiven Entwicklungen zwischen der armenisch-apostolischen und der katholischen Kirche", sagt Rudolf Prokschi, Professor für Theologie und Geschichte des christlichen Ostens an der Universität Wien.

Papst Franziskus - Foto: DW-TV
Papst Franziskus: "Erster Genozid des 20. Jahrhunderts"

Als wesentlichen Schritt sieht Prokschi, dass der Papst in Rom im Februar 2015 den armenischen Mönch Gregor von Narek, der um 950 bis 1003 lebte, zum Kirchenlehrer erhob - eine selten verliehene Ehre. So spricht der Wiener Wissenschaftler von einem "guten Nahverhältnis". Allerdings ging die Initiative zur Ehrung Gregors ursprünglich von der kleinen armenisch-katholischen Kirche aus. Diese gehört - anders als die apostolische - zu den Ostkirchen, die mit der römisch-katholischen Kirche verbunden sind.

Katholische Kirche in Gjumri - Foto: Aschot Gazazyan (DW)
Katholische Kirche in Gjumri: Diaspora in einem urchristlichen LandBild: DW/A.Gazazyan

Die meisten Gläubigen in dem kleinen Land im äußersten Südosten Europas gehören der traditionsreichen armenisch-apostolischen Kirche an. Wegen der schwierigen Geschichte Armeniens gibt es wohl keine andere national geprägte Kirche, die weltweit so verbreitet ist. Sie selbst führt sich auf zwei von Jesus Aposteln zurück und gilt als älteste eigenständige Staatskirche weltweit. Bereits im fünften Jahrhundert trennte sie sich von Rom.

Der Vatikan stellt die Papstreise offiziell unter das Motto "Besuch im ersten christlichen Land". Über das öffentliche Engagement von Franziskus zu seinem Leitthema Barmherzigkeit und für die Flüchtlingshilfe geraten seine Akzentsetzungen in der Ökumene gelegentlich aus dem Blick. Dabei wird er auch in Armenien Zeichen setzen - gemeinsam mit dem Oberhaupt der Armenier, dem seit 1999 amtierenden Katholikos Karekin II.

Am Samstag feiert Franziskus in Gjumri, der zweitgrößten Stadt im Nordwesten des Landes, eine Messe und predigt. Karekin spricht dort ein Grußwort. Knapp 24 Stunden später nimmt der Gast aus Rom im armenischen "Vatikan“, der Apostolischen Kathedrale in Etschmiadzin nahe Eriwan, an der Liturgiefeier teil, lauscht der Predigt des Katholikos, spricht ein Grußwort. Für den Wiener Theologen Prokschi ein "besonderes ökumenisches Zeichen“.

Nachdenken über den Führungsanspruch?

Johannes Paul II. stellte dort 2001 - in einem ungewöhnlichen Schritt - den Primat des Papstes, also seinen eigenen Führungsanspruch, zur Debatte und plädierte dafür, neue Formen des Papstamtes zu suchen. Es wäre wahrlich kein Wunder, wenn Franziskus diesen Gedanken nun aufgreifen würde. Denn als die Armenier sich von Rom lossagten, war der strenge römische Primatsanspruch noch längst nicht festgezurrt.

Der Besuch in Armenien ist die 14. Auslandsreise von Franziskus. Sie ist erkennbar eine Etappe in seiner größeren Reiseplanung. Ende September will er Georgien und Aserbaidschan besuchen. Es wird angesichts dieser zeitlichen Nähe spannend sein, ob sich Franziskus auch an einer Aussöhnung zwischen Armeniern und Aserbaidschanern versucht, die der Bergkarabach-Konflikt spaltet.

Auf jeden Fall nähert sich das katholische Kirchenoberhaupt mit seinen Destinationen Moskau an: Russlands Hauptstadt ist das Zentrum der russischen Orthodoxie und steht auf der Liste der offenen päpstlichen Reiseziele ganz weit oben.