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Papst fordert Respekt für Migranten

10. Januar 2010

Nach den Ausschreitungen im süditalienischen Rosario gegen illegale Landarbeiter hat in Italien eine politische Diskussion begonnen- bei der sich auch der Papst mit deutlichen Worten beteiligt.

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Polizei steht den Protestlern gegenüber (Foto: ap)
Landarbeiter gegen Polizei - eine Szene vom 7. JanuarBild: AP
Papst Benedict Gottesdienst
Deutliche Worte des PapstesBild: AP

Papst Benedikt XVI. sprach sich am Sonntag (10.01.2010) in Rom mit großem Nachdruck gegen Gewalt aus. Im Gesicht eines jeden Menschen sei "eine Seele, eine Geschichte, ein Leben, eine Person" zu entdecken, "die Gott liebt, wie er mich liebt", sagte der Papst. Migranten müssten ungeachtet ihrer andersartigen Kultur und Tradition als Menschen geachtet werden, forderte das Kirchenoberhaupt nach dem Angelusgebet auf dem Petersplatz.

Im süditalienischen Rosarno war es in der vergangenen Woche zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Einwohnern und überwiegend afrikanischen Saisonarbeitern und gekommen. Mittlerweile ist eine gespannte Ruhe eingekehrt – und mit ihr eine politische Diskussion über die Lage der häufig illegalen Erntearbeiter ein.

Kirche und Caritas erklärten, deren Lebensbedingungen seien schrecklich. Die rechtsgerichtete italienische Regierung kündigte an, alle auszuweisen, die sich illegal in Rosarno aufgehalten hatten. Innenminister Roberto Maroni erklärte, die Ausschreitungen zeigten, dass illegale Einwanderung schärfer bekämpft werden müsse. Die aktuelle Regierung habe der Einwanderung über die Mittelmeerinsel Lampedusa ein Ende bereitet und damit "das Problem bei der Wurzel gepackt".

Roberto Maroni (Foto: ap)
Innenminister Maroni will Einwanderung "schärfer bekämpfen"Bild: AP

Ein Bürgerkomitee in Rosarno forderte, alle illegal eingewanderten Ausländer müssten aus der Stadt ausgewiesen werden. "Wir sind keine Rassisten, gegen legale Einwanderer haben wir gar nichts, wir wollen nur Sicherheit für die Bürger", zitierte Apcom die Gruppe.

"Jagd auf Schwarze"

Rund 2000 zumeist afrikanische Gelegenheitsarbeiter hatten ihre Proteste begonnen, nachdem zwei Unbekannte am Donnerstag auf sie geschossen hatten. Die Behörden gehen davon aus, dass es sich bei den Schützen um Mitglieder der kalabrischen Mafia Ndrangheta handelte. Wahrscheinlich wollten sie Tagelöhner treffen, die kein Schutzgeld bezahlt hatten, hieß es.

Die aufgebrachten Landarbeiter beschimpften Einheimische und Polizisten als Rassisten und warfen mit Steinen. Die Bevölkerung reagierte mit Angst und Gewalt. Einwohner Rosarnos waren mit Steinen, Gewehren, Traktoren und Schlagstöcken auf die protestierenden Tagelöhner losgegangen. Italienische Medien kritisierten dies als wahre "Jagd auf Schwarze".

Die Bilanz

Die Bilanz der schweren Auseinandersetzungen: 67 Verletzte - 31 Immigranten, 17 Einwohnern sowie 19 Polizisten - sowie erheblicher Sachschaden. Fünf Saisonarbeiter mussten mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.

Evakuierung aus Rosarno

Am Samstag fuhren bis in die Nacht Busse mit mehr als 1000 Einwandern aus Rosarno ab - unter dem Applaus der örtlichen Bevölkerung. Viele Einwanderer brachten sich laut Polizei auch selbst in Sicherheit und verließen mit ihren Autos oder im Zug die Kleinstadt mit rund 15.000 Bewohnern. Die Afrikaner waren überwiegend illegal als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt worden.

In dem 16.000 Einwohner zählenden Rosarno an Kalabriens Westküste leben durchschnittlich 5000 Immigranten - überwiegend aus Afrika. Ihre Zahl schwankt dabei je nach Erntezeit. Sie wohnen in Baracken oder einstigen Fabriken, ohne Matratzen, Licht und Heizung. Noch am Sonntag wurde in Rosarno damit begonnen, eine ehemalige Fabrik abzureißen, in der die protestierenden Erntearbeiter ohne fließend Wasser und ohne Sanitäranlagen hausen mussten.

Der Verdienst der Illegalen liegt bei etwa 20 Euro pro Tag, manchmal ist es auch weniger. In der Regel behält die örtliche Mafia fünf Euro.

Autor: Oliver Samson

Redaktion: Sabrina Scholz