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Papst fordert neue Welt-Finanzordnung

7. Juli 2009

Papst Benedikt XVI. hat seine mit Spannung erwartete Sozialenzyklika herausgebracht. Einen Tag vor dem G8-Gipfel schlägt er darin eine "politische Weltautorität“ zur Bewältigung der Finanzkrise vor.

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Papst Benedikt (Foto: AP)
Papst Benedikt XVI.Bild: AP

In Rom hat Papst Benedikt XVI. am Dienstag (07.07.2009) seine Sozialenzyklika “Caritas in Veritate“ (Liebe in Wahrheit) veröffentlicht. Einen Tag vor dem G8-Gipfel in Italien, bei dem die Wirtschafts- und Finanzkrise das beherrschende Thema sein wird, spricht er sich in seinem Lehrschreiben für eine neue Weltfinanzordnung aus, die von Ethik, Würde und der Suche nach dem Allgemeinwohl geleitet werden soll.

Es ist die dritte Enzyklika des deutschen Papstes. In dem mit Spannung erwarteten Dokument kritisiert er die Mentalität des Gewinnstrebens um jeden Preis. Diese Gier habe den schwersten Niedergang der Weltwirtschaft seit der so genannten Großen Depression in den 1930er Jahren herbeigeführt.

Wachsender Ungleichheit begegnen

Weiter heißt es in der Enzyklika, eine solche politische Weltautorität sei notwendig, um die Weltwirtschaft zu lenken, die von der Krise betroffenen Wirtschaften zu sanieren und einer Verschlimmerung der Krise vorzubeugen. Diese "übergeordnete Stufe internationaler Ordnung" solle dem wachsenden Ungleichgewicht entgegensteuern, Abrüstung voranbringen, Sicherheit und Frieden fördern, Umweltschutz gewährleisten und Migration regulieren.

So könne eine moralische Sozialordnung, wie sie schon in den Statuten der Vereinten Nationen gefordert werde, endlich verwirklicht werden. Im Mittelpunkt des Fortschritts müssten stets der Mensch und seine ganzheitliche Entwicklung stehen, bekräftigt Benedikt XVI. in dem Grundsatzpapier.

Der Mensch im Mittelpunkt

Der Mensch sei "das erste zu schützende und zu nutzende Kapital", heißt es in dem 141 Seiten starken Schreiben weiter. Die Wirtschaft brauche eine menschenfreundliche Ethik. Ausdrücklich warnt Benedikt XVI. vor einem Fatalismus oder einem blinden Widerstand gegen die Globalisierung. Die weltweite Vernetzung sei in sich weder gut noch schlecht, sondern werde zu dem, was die Menschen daraus machen. Ausschließliches Profitstreben, das nicht auf das Allgemeinwohl ausgerichtet sei, laufe Gefahr, Vermögen zu zerstören und Armut zu schaffen.

Portrait Zollitsch (Foto: dpa)
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Zollitsch, lobt das neue SchreibenBild: picture-alliance/ dpa

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, nannte die Enzyklika einen entscheidenden Beitrag zur aktuellen Globalisierungs- und Gerechtigkeitsdebatte. Nicht zuletzt der Zeitpunkt der Veröffentlichung einen Tag vor Beginn des G8-Gipfels in L'Aquila verdeutliche die Dringlichkeit des Anliegens, so Zollitsch.

Aufruf an alle

Benedikt rufe nicht nur die Verantwortlichen der wichtigsten Industrienationen auf, den aktuellen Herausforderungen mutig zu begegnen und dabei die notwendigen ethischen Grundlagen nicht zu vergessen, sondern ermutige alle Menschen guten Willens, sich als Gestalter derzeitiger Entwicklungen zu sehen, sagte der Freiburger Erzbischof.

Eine Enzyklika ist ein päpstliches Lehrschreiben von höchstem Rang. Päpste nehmen darin zu grundlegenden theologischen und gesellschaftlichen Fragen in verbindlicher Weise Stellung. Allerdings gelten diese Dokumente nicht als “unfehlbar“. Sie sind gleichwohl Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes. (uh/wa/rtr/dpa/kna/ap)