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Papst dachte seit längerem an Rücktritt

12. Februar 2013

Papst Benedikt XVI. hat sich nach Angaben des Vatikan schon vor Monaten für einen Rücktritt entschieden. Eine akute Krankheit sei nicht der Grund, betonten Vertreter der römisch-katholischen Kirche.

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Papst Bendikt verliest seine Rücktrittserklärung (Fotot: Reuters)
Bild: Reuters

Der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, hat nach eigenen Angaben schon seit längerem von den Plänen Benedikt XVI. gewusst, sein Amt aufzugeben. Sein Bruder habe ihn frühzeitig ins Vertrauen gezogen, sagte der 89-jährige ehemalige Regensburger Domkapellmeister vor Journalisten. Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine großen Reisen mehr zu unternehmen. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten, teilte Georg Ratzinger mit.

#video#Nach Informationen der Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" ist die Rücktrittsentscheidung vor vielen Monaten gefallen. Seit der langen Auslandsreise im März 2012 nach Mexiko und Kuba habe Benedikt über einen Amtsverzicht nachgedacht. Einziger Grund für den Rücktritt sei, dass die Kräfte des Papstes nicht mehr den Anforderungen des Amtes entsprächen, schreibt Chefredakteur Gian Maria Vian in der Dienstagausgabe des Blattes. Sprecher des Vatikan traten zugleich Spekulationen entgegen, das Oberhaupt von mehr als einer Milliarde römisch-katholischer Christen leide an einer akuten Krankheit. Gewählt wird der Papst auf Lebenszeit, ein Rücktritt ist jedoch möglich.

#video#Benedikt XVI. hatte am Montag (11.02.2013) bei einer Vollversammlung der Kardinäle im Vatikan überraschend angekündigt, er werde sein Amt am 28. Februar niederlegen, da ihm die Kraft für die Aufgaben des Papstes inzwischen schwinde. In seiner auf Latein gehaltenen Rede (Artikelbild) erklärte der 85-Jährige: "Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben." Um in der sich stetig wandelnden Welt die katholische Kirche zu führen, sei "sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen".

#video#Benedikts Rücktritt ist in der modernen Kirchengeschichte beispiellos. Bislang hat nur ein Papst aus freien Stücken sein Amt aufgegeben: Coelestin V. im Jahre 1294. Er hatte zuvor ein Dekret erlassen, das den Rücktritt eines Papstes überhaupt erst erlaubte.

Papst Benedikt XVI. wurde 1927 als Joseph Ratzinger in Marktl am Inn in Bayern geboren. Am 19. April 2005 wurde er als 265. Papst der Kirchengeschichte zum Nachfolger des verstorbenen Johannes Paul II. gewählt. Er war damit der erste aus Deutschland stammende Papst nach 482 Jahren. Nach dem Ende seines Pontifikats will Benedikt in ein Kloster im Vatikan ziehen. Dort wolle er ein Leben in Gebet und Meditation führen, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi mit.

Nach Lombardis Angaben wird es bis Ostern, also Ende März, einen neuen Papst geben. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen. Wahlberechtigt sind alle Kardinäle, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Dies sind derzeit nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz 117, unter ihnen sechs aus Deutschland. Die Papstwahl findet traditionell unter strengsten Sicherheits- und Geheimhaltungsvorkehrungen in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan statt. Täglich gibt es bis zu vier Wahlgänge. Erforderlich für die Wahl eines neuen Papstes ist eine Zweidrittelmehrheit. Ist sie erreicht, steigt aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle weißer Rauch auf.

Unmittelbar nach der Rücktrittsankündigung von Benedikt setzten Spekulationen über einen möglichen Nachfolger ein. Die Wahl eines Papsts aus Lateinamerika, Afrika oder Asien gilt trotz der zahlenmäßigen Übermacht der westlichen Staaten nicht als ausgeschlossen. Immer wieder meldeten die betreffenden regionalen Kirchen in der Vergangenheit mehr oder minder laut Ansprüche an. Aus den Reihen der afrikanischen Kardinäle gilt etwa Peter Turkson aus Ghana, Vorsitzender des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, als geeignet für das Papstamt. Auch der Nigerianer John Onaiyekan, ein Vorkämpfer der Versöhnung zwischen Christen und Muslimen, kommt in Frage. Aus Brasilien, dem Land mit der größten Zahl von Katholiken weltweit, werden die Kardinäle Claudio Hummes und João Braz de Aviz genannt. Experten sehen aber auch einige Vertraute des scheidenden Papsts in guten Positionen. Genannt werden etwa Kurienkardinal Marc Ouellet aus Kanada, Präfekt der Bischofskongregation, sowie der Italiener Angelo Scola, Erzbischof der einflussreichen Diözese Mailand.

wl/ml (dpa, afp, rtr)