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Massenflucht aus der Schusslinie

18. Juli 2014

Die israelische Bodenoffensive im dicht besiedelten Gazastreifen treibt zehntausende Palästinenser in die Flucht. Viele von ihnen suchen Schutz bei den Vereinten Nationen. UN-Generalsekretär Ban will vor Ort vermitteln.

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Palästinenser läuft über Schutt eines zerstörten Hauses im Gazastreifen (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/AA

Innerhalb von 24 Stunden sei die Zahl der Menschen in den Schutzräumen des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) von 22.000 auf 40.000 angestiegen, berichtete UNRWA-Sprecher Chris Gunness. Die Flüchtlinge seien in 34 Schutzorten untergebracht. Zur Finanzierung ihrer Versorgung im kommenden Monat und andere Notmaßnahmen bis Ende des Jahres würden die Vereinten Nationen um 44 Millionen Euro bitten, so Gunness weiter.

Die wichtigsten israelischen Menschenrechtsorganisationen forderten die Einrichtung eines "humanitären Korridors". In einem Brief an Verteidigungsminister Mosche Jaalon verlangten sie "umgehende Maßnahmen", um sicherzustellen, dass Israel seiner "rechtlichen Verpflichtung" nachkomme, den Abtransport von Verletzten zu ermöglichen. Zudem müsse gewährleistet werden, dass die Rettungskräfte ihre Aufgaben erfüllen können, ohne ihr Leben zu riskieren.

Ban reist selbst in den Nahen Osten

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will sich derweil persönlich in die Bemühungen um ein Ende des Konflikts zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas einschalten. Wie die Vereinten Nationen mitteilten, wird Ban an diesem Samstag in die Region reisen, um zu versuchen, in Gesprächen mit den Konfliktparteien eine Waffenruhe zu erreichen.

Bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung hatte der UN-Sicherheitsrat zuvor die Angriffe der Hamas auf Israel während einer vereinbarten fünfstündigen Feuerpause am Freitag verurteilt. Zugleich zeigte sich das höchste Gremium der Vereinten Nationen besorgt über die massive Reaktion Israels. Dessen Armee rückte unterdessen weiter in den Gazastreifen vor. Sie zerstörte nach eigenen Angaben mindestens 13 Tunnel, die die Hamas angelegt hatte, um Israel anzugreifen oder Waffen zu schmuggeln.

Mit der Bodenoffensive, die in der Nacht zum Freitag begonnen hatte, will Israel die militärische Infrastruktur der Hamas und verbündeter Gruppen zerschlagen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, dass die Operationen sogar noch ausgeweitet werden könnten. Ein Hamas-Sprecher drohte, der Gazastreifen werde sich in einen "Friedhof für israelische Soldaten" verwandeln. Seit dem 8. Juli, als Israel mit Luftangriffen auf den andauernden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen reagiert hatte, wurden nach palästinensischen Angaben insgesamt mehr als 300 Bewohner des Küstengebietes getötet, allein zwölf in der vergangenen Nacht. Mehr als 2000 weitere wurden verletzt. Mindestens die Hälfte der Opfer seien Zivilisten gewesen, heißt es. Auf israelischer Seite starben bislang ein Zivilist und ein Soldat.

Selbstverteidigung oder "Völkermord"?

US-Präsident Barack Obama zeigte sich tief besorgt. Washington hoffe, dass Israel Zivilisten schone. Obama plädierte für eine Feuerpause, stellte sich zugleich jedoch demonstrativ hinter die Führung in Jerusalem. In einem Telefonat mit Netanjahu habe er seine "Unterstützung für Israels Recht, sich selbst zu verteidigen", betont, sagte Obama. Keine Nation müsse es hinnehmen, dass sie mit Raketen beschossen werde und Terroristen unter ihrem Territorium Tunnel bauten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Deutschland stehe in dieser Frage an der Seite Israels.

Die in dem Konflikt vermittelnde ägyptische Regierung verurteilte die weitere "Eskalation", kritisierte aber vor allem die Hamas. Hätte diese Ägyptens Vorschlag zu einer Waffenruhe akzeptiert, "wäre seitdem das Leben dutzender Palästinenser verschont geblieben", sagte Außenminister Samech Schukri.

Ganz andere Töne kamen aus der Türkei. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf Israel vor, einen "Völkermord" zu verüben. Für die Türkei sei eine Normalisierung der Beziehungen damit ausgeschlossen. Nach Ausschreitungen vor dem israelischen Konsulat in Istanbul und der Botschafterresidenz in Ankara im Zuge von Protesten gegen das Vorgehen im Gazastreifen wies Israel einen Teil seiner Diplomaten an, die Türkei zu verlassen.

wa/SC (afpe, APE, dpa, rtr)