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Palmöl - Wirtschaftsmotor und Klimagift

1. Dezember 2010

Weltweit ist die Nachfrage nach Palmöl in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In Indonesien, dem wichtigsten Anbauland, ist es ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Doch der Anbau der Palmen hat auch erhebliche Nachteile.

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Palmöl-Plantage in Aceh, Indonesien (Foto: Vidi Athena Dewi Legowo)
Fast die Hälfte des Palmöls der Welt wird in Indonesien angebautBild: Vidi Athena Dewi Legowo

Ob in Süßigkeiten, in kosmetischen Produkten oder in Feinkostlebensmitteln - es steckt überall drin: Palmöl ist das Schmiermittel der westlichen Konsumgesellschaft und heute nicht mehr aus der industriellen Fertigung wegzudenken. "Das liegt vor allem daran, dass Palmöl über besondere funktionale und technische Eigenschaften verfügt, die es von anderen pflanzlichen Ölen unterscheidet und die für industrielle Prozesse unabdingbar sind", erklärt Peter Feller von der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Deshalb könne es auch nicht durch andere pflanzliche Öle wie Sonnenblumenöl oder Rapsöl ersetzt werden. Ein weiterer Grund für den Siegeszug von Palmöl ist die Effizienz der Pflanze. Denn ein Hektar mit Ölpalmen bringt sechsmal so viel Öl wie die gleiche Menge an Raps. Dementsprechend günstig ist es auch im Einkauf.

Doch so hilfreich Palmöl für die Industrie ist, so schädlich hat sich der globale Hunger danach auf die Natur in den Produktionsländern ausgewirkt. Am besten beobachten lässt sich das in Indonesien, dem größten Exporteur von Palmöl. Hier roden die Unternehmen jedes Jahr mehr als eine Million Hektar Regenwald. Das ist doppelt lukrativ: Das Tropenholz wird verkauft und auf den freien Flächen werden vor allem Monokulturen mit Ölpalmen gepflanzt.

Biokraftstoffe heizen die Nachfrage an

Brandrodung von Regenwald in Indonesien (Foto: Vidi Athena Dewi Legowo)
Für den Anbau von Palmöl wird häufig Regenwald abgebranntBild: picture-alliance/dpa

Nach Einschätzung von Clemens van de Sand von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation "Germanwatch" wird dadurch die biologische Vielfalt massiv beeinträchtigt. "In den Palmölplantagen sind nur noch zehn Prozent der Vogelarten anzutreffen. Außerdem werden die Interessen der Kleinbauern, die zum Teil vom Urwald leben, überhaupt nicht berücksichtigt. Sie werden einfach vertrieben." Doch damit nicht genug: Um die Böden trocken zu legen, werden sie verbrannt. Weil die indonesischen Torfböden es besonders gut speichern, entstehen dabei riesige Mengen des klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids (CO2). So ist das Land mittlerweile zum drittgrößten CO2-Verursacher weltweit avanciert - nach China und den USA.

Doch nicht nur in Indonesien wird Palmöl immer mehr zum Wirtschaftsmotor. Auch Länder wie Thailand, Kolumbien, Brasilien, Nigeria, Liberia und Uganda setzen vermehrt auf die lukrativen Ölpalmen. Und die Nachfrage wird noch steigen. Vor allem, weil Palmöl in der westlichen Welt immer öfter zur Energiegewinnung gebraucht wird - zum Beispiel für Blockheizkraftwerke. In Europa gilt außerdem die gesetzlich vorgeschriebene Beimischquote. Bis zum Jahr 2020 sollen den fossilen Kraftstoffen zehn Prozent Biokraftstoffe beigemischt werden. Ein Teil dieser Biokraftstoffe ist Palmöl.

Corinna Hölzel, Waldexpertin bei Greenpeace, sieht genau hier die größte Gefahr: "Biosprit und Biomasse machen zwar momentan nur einen kleinen Teil des Palmölverbrauchs aus, aber das ist der Bereich, der das größte Wachstumspotential hat", warnt sie. Dafür werde immer mehr Palmöl nachgefragt und deshalb auch mehr und mehr Flächen gebraucht.

Umweltschützer protestieren mit einem Plakat: 'Biosprit macht Hunger' (Foto: AP)
Umweltschützer protestieren gegen den Anbau von Pflanzen für BiospritBild: AP

Seit dem Jahr 2003 gibt es sogenanntes "nachhaltiges Palmöl". Nach heftigen Protesten von Unweltschutzorganisationen hatten sich einige Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen auf Kriterien für ein Nachhaltigkeitssiegel geeinigt. Der sogenannte "Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl" (RSPO) legt fest, wie die Produktion auszusehen hat: Kein Plantagenanbau auf Regenwaldflächen, die Einhaltung lokaler Gesetze, die Beachtung der Rechte indigener Völker und sozial- wie auch umweltverträgliche Produktion sind ein Muss für Unternehmen, die ihr Palmöl als nachhaltig verkaufen möchten.

Corinna Hölzel beklagt, dass sich viele der Unternehmen nicht an die Vereinbarungen hielten und dennoch ihr Palmöl mit Nachhaltigkeitssiegel verkaufen. Bei Greenpeace habe man lange Listen von Unternehmen, die gegen die Kriterien des RSPO und gegen internationale Standards verstoßen haben. Für Clemens Van de Sand sind vor allem die Kontrollen des nachhaltigen Palmöls viel zu lasch. "Es wäre wichtig, dass mehr in die Kontrollen investiert wird", betont er. "Wenn man sieht, dass es um einen Markt von weltweit mehr als 30 Milliarden geht, aber für das Kontrollsystem nur 500.000 Dollar jährlich zur Verfügung gestellt werden, dann wird klar, dass das einfach nicht ausreicht."

"Nachhaltiges Palmöl" bisher keine Pflicht

Der Einsatz von nachhaltigem Palmöl ist in Deutschland allerdings nur bei den Biokraftstoffen verpflichtend. In der Nahrungsmittelindustrie, die nach wie vor für knapp 90 Prozent des Palmöl-Verbrauchs verantwortlich ist, besteht diese Pflicht nicht. Noch weniger haben die Verbraucher die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie beim Kauf den Regenwald schützen wollen oder nicht. Denn ob sie Palmöl enthalten, ist nicht explizit auf den Produkten vermerkt. Für Corinna Hölzel wäre aber genau das wünschenswert. "Die jetzige Kennzeichnung ist unzureichend", begründet sie. "Da steht eben bloß 'tierische und pflanzliche Öle' drauf und nicht, wo es herkommt."

Doch selbst wenn Palmöl gekennzeichnet wäre, stellt sich die Frage, ob der Verbraucher am Ende auf die vielen Produkte verzichten möchte, die Palmöl beinhalten. Denn ein chemisches Ersatzmittel für Palmöl sei bisher nicht in Sicht, sagt Peter Feller vom BVE. Und komplett auf das umstrittene 'nachhaltige Palmöl' auszuweichen, ist auch noch keine Alternative. Denn dazu reicht das Angebot nicht aus: Von den jährlich 50 Millionen Tonnen Palmöl, die weltweit konsumiert werden, tragen nur vier Millionen ein Nachhaltigkeitssiegel.

Autor: Nicolas Martin
Redaktion: Theresa Tropper