1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Schlachtfeld Pakistan"

10. Juni 2009

Mit dem Anschlag auf das Luxushotel "Pearl Continental" im nordwestpakistanischen Peschawar demonstrieren die Taliban einmal mehr ihre Stärke. Regierung und Öffentlichkeit reagieren schockiert.

https://p.dw.com/p/I6jX
Verwundete werden aus dem Hotel evakuiertBild: AP

Ein tiefer Krater im Asphalt. Ein rauchender Blechhaufen, der mal ein Auto war. Chaos vor dem Luxushotel. Ein Teil des Gebäudes ist von der Wucht der Explosion zertrümmert worden. Blutende, verstaubte Menschen stehen fassungslos in der Nacht, viele tragen T-Shirts oder Kappen mit dem Emblem der Vereinten Nationen. Krankenwagen rasen die Einfahrt hoch.

Hohe Sicherheitsstandards

Als die Autobombe explodierte, fand in dem Hotel gerade ein Treffen von UN-Mitarbeitern statt. Das "Pearl Continental" ist das bekannteste Hotel der Provinzhauptstadt Peshawar. Es ist für seine vergleichsweise hohen Sicherheitsstandards bekannt. Das 5-Sterne-Haus liegt zudem in einer Art Sicherheitszone, weil sich in unmittelbarer Nähe wichtige Gebäude des Militärs, der Justiz und der Provinzregierung befinden. Der ehemalige pakistanische Diplomat Akbar Ahmed kennt das Hotel gut. Er hat schon oft dort übernachtet. “Dass dieses Hotel angegriffen worden ist zeigt, dass die Taliban überall und zu jedem Zeitpunkt zuschlagen können", sagt er. "Die Regierung muss sich darüber im Klaren sein, dass Pakistan ein Schlachtfeld ist.“

Anschlag in Pakistan auf Luxushotel Flash-Galerie
Der Anschlagsort in der Nacht zum MittwochBild: AP

Als sich die Nachricht über den Angriff auf das Luxushotel verbreitet, tritt ein sichtlich erschütterter Premierminister vor die Presse. Yusuf Raza Gilani verurteilt den Anschlag scharf. "Die Terroristen haben eine Tat der Schande begangen", sagt er:

Größte Fluchtbewegung seit 1947

Nach Angaben der Polizei hat sich eine Gruppe Bewaffneter mit Kalaschnikows überfallartig den Weg durch die äußeren Sicherheitssperren des "Pearl Continental" gebahnt, bevor sich dann mindestens ein Selbstmordattentäter mit einem Fahrzeug auf dem Gelände des 5-Sterne-Hotels in die Luft gesprengt hat. Peshawar ist die Hauptstadt von Pakistans nordwestlicher Grenzprovinz. Von hier aus werden auch die halbautonomen paschtunischen Stammesgebiete an der pakistanisch-afghanischen Grenze verwaltet. Im Nordwesten Pakistans, vor allem in der Region rund um das Swat-Tal, geht die pakistanische Armee seit Anfang Mai massiv gegen radikal-islamische Taliban und mit ihnen verbündete extremistische Kämpfer vor. Bei der Offensive sind nach Angaben des Militärs bislang mehr als 1300 Kämpfer der radikalen Islamisten und mehr als 100 Soldaten der Regierungstruppen ums Leben gekommen.

Die Offensive gegen die Taliban hat die größte Binnenfluchtbewegung in Pakistan seit der Unabhängigkeit 1947 ausgelöst. Die unter Druck geratene Führung der pakistanischen Taliban um den radikalen Baitullah Mehsud hatte vor kurzem mit Vergeltung für die Offensive gedroht und Selbstmordanschläge in allen großen pakistanischen Städten angekündigt. Tatsächlich ist die Attacke auf das "Pearl Continental" in Peshawar die Fortsetzung einer ganze Reihe von schweren Anschlägen in den vergangenen drei Wochen. Die pakistanische Armee hat unterdessen damit begonnen, den als Talibanhochburg geltenden Distrikt Bannu an der Grenze zu den paschtunischen Stammesgebieten anzugreifen, was auf eine Ausweitung der Offensive hindeutet.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Mathias Bölinger