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Startrainer ohne Allüren

Tobias Oelmaier12. Januar 2009

An diesem Montag wurde Ottmar Hitzfeld 60 Jahre alt. Hitzfeld zählt zu den erfolgreichsten Vereinstrainern der Welt. Im Sommer hat er die Schweizer Nationalmannschaft übernommen. Da kann er es etwas ruhiger angehen.

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Nach dem Champions League-Gewinn mit dem FC BayernBild: AP

Will man sich mit Ottmar Hitzfeld zum Interview zu seinem Jubiläum verabreden, erhält man von seinem Arbeitgeber, dem Schweizer Fußballverband, eine Absage.

„Herr Hitzfeld ist, nicht zuletzt weil er jeden Rummel um seinen Geburtstag vermeiden will, in die Ferien verreist und bis und mit 20. Januar 2009 auch für uns nicht erreichbar", schreibt die Pressestelle.

Ottmar Hitzfeld Championsleague Gewinn Dortmund 1997
Champions League, die Erste: 1997 mit DortmundBild: picture-alliance/ dpa

Hitzfeld ist eben keine Rampensau, keiner, der sich in den Vordergrund drängt, auch wenn er so oft im Rampenlicht steht. Er glänzte mit Leistung, selten mit Worten. Und sammelte Trophäen wie kaum ein anderer Fußballtrainer. Zwei Meistertitel und zweimal Pokalsieger in der Schweiz, zweimal Deutscher Meister mit Borussia Dortmund, fünfmal Meister und dreimal Pokalsieger mit dem FC Bayern. Und als Höhepunkt seine beiden Champions League-Titel: 1997 mit den Dortmunder durch das legendäre 3:1 gegen Juventus Turin. Als Außenseiter waren die Borussen in das Finale in München gegangen, und trotzdem war bei Hitzfeld auch kurz nach der Siegerehrung kein Überschwang festzustellen. Dortmund habe das nötige Glück gehabt, indem man die Torchancen verwertet habe, "die Emotionen hielten sich eigentlich in Grenzen."

Trainerbank statt Lehrerpult

FC Bayern ist deutscher Meister 2008 freies Bildformat
Würdiger Abschied aus München: Meistertitel und PokalBild: Picture-Alliance /dpa

Hitzfeld, der kühle Analytiker. Der studierte Mathematiker. Der Pädagoge. Hitzfeld hatte nämlich in seiner Zeit als Fußballprofi Lehramt studiert. Und oft genug hatte er als Vereinstrainer, und jetzt auch als Nationaltrainer in der Schweiz, dieses Wissen auf seine Übungsleiteraufgaben übertragen können. „Natürlich ist das auch ein Vorteil, dass man vor einer Gruppe geredet hat, dass man selbst Unterrichtsstunden organisiert hat, und die pädagogischen Möglichkeiten, die man dann auch dazulernt, sind dann auch verwendbar", hat er einmal eingeräumt, und angefügt, dass er sicher davon profitiert habe, von seinem Lehrerstudium.

Bundesliga Stuttgart vs. Bayern 2-0 21.07.2007
Immer die Haltung bewahrt, und Uli Hoeneß im RückenBild: AP

Heute wäre so eine Doppelbelastung im Profifußball wohl kaum mehr möglich. Aber in den siebziger Jahren war der Spielplan noch nicht ganz so ausgereizt, und Hitzfeld wusste eben, was er wollte. Statt dem Angebot des Hamburger SV nachzugeben, blieb er lieber in seiner Heimat an der Schweizer Grenze, holte eben „nur“ zwei Meistertitel mit dem FC Basel und kam zum VfB Stuttgart, als er seinen Leistungshöhepunkt als Stürmer vielleicht schon hinter sich hatte.

Guter Spieler - genialer Trainer

Dennoch, mit dem Erreichten als Spieler ist er im Nachhinein zufrieden. Weil er Hüftprobleme bekam, verließ er den VfB Stuttgart 29jährig wieder in die Schweiz, wo er seine Spielerkarriere auch begonnen hatte. Wehmut? Nein: "Ich habe in der B-Nationalmannschaft gespielt, Olympiade ´72, Schweizer Meister geworden ein paar Mal, Torschützenkönig in der Schweiz" - ist das denn nichts? Vor allem in Anbetracht der Konkurrenz damals: "Gerd Müller war da und Heynckes und so weiter, da hat ein Ottmar Hitzfeld natürlich keine Chance gehabt.“

Den ganz großen Erfolg hat er ja dann bekanntermaßen als Trainer nachgeholt. Einer der schönsten Momente: Sein zweiter Triumph in der Champions League, diesmal mit dem FC Bayern. Der 23. Mai 2001 im Mailänder Meazza-Stadion. 5:4 im Elfmeterschießen gegen den FC Valencia.

Ottmar Hitzfeld Training Schweiz
Immer ruhig, trotzdem klare Worte: Ottmar HitzfeldBild: picture-alliance/ dpa

Und ein halbes Jahr später folgte dann auch noch der Weltpokal. Bayern war endlich auch international wieder die Nummer 1. Dank Ottmar Hitzfeld. Eines seiner Erfolgsrezepte sind seine, wie er sagt: "geordneten Verhältnisse zu Hause. Ich hole die Kraft auch aus dem Glauben. Und natürlich auch aus dem Glauben an meine Familie. Ich bin sehr glücklich zu Hause in den eigenen vier Wänden. Das gibt mir die Möglichkeit zu regenerieren.“

Der fast verpatzte Abgang

Ottmar Hitzfeld Trainer Schweiz
Auf der Bank der Schweizer NationalmannschaftBild: picture-alliance/ dpa

Drei Jahre nach dem Champions League-Sieg dann der wohl einzige größere Rückschlag in seiner Karriere. Nach einer Saison ohne Titel die vorzeitige Trennung vom Rekordmeister, aber zweieinhalb Jahre später wurde er zurückgeholt und feierte mit Bayern zum Abschluss seiner Vereinskarriere im vergangenen Frühjahr noch einmal das Double.

Seit dem 1. Juli lässt er es nun ein wenig ruhiger angehen. Nicht mehr das ständige Auf-dem-Trainingsplatz-Stehen, nicht mehr die vielen Reisen, das Beobachtetwerden durch die Journaille. Endlich hat er Zeit, zu genießen. Seinen Geburtstag zum Beispiel – ungestört wäre das als Vereinstrainer sicher nicht möglich gewesen. Alles Gute, Ottmar Hitzfeld!