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Neuer Hoffnungsschimmer für Ostukraine

22. Juli 2015

Nach Wochen heftiger Kämpfe haben die Konfliktparteien einem Waffenabzug aus der Krisenregion zugestimmt. Es soll eine entmilitarisierte Zone eingerichtet werden. Die Bundesregierung hofft auf eine Entspannung der Lage.

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Symbolbild Separatisten kündigen in der Ostukraine Abzug schwerer Waffen an (Foto: Reuters/K. Basaev)
Bild: Reuters/K. Basaev

Es könnte ein neuer Schritt sein, um die Lage in der Ostukraine zu beruhigen: Nach schweren Kämpfen in den vergangenen Wochen hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko der Schaffung einer 30 Kilometer breiten entmilitarisierten Zone im Kriegsgebiet Donbass zugestimmt. Aus dieser Pufferzone sollten alle Panzer sowie Artillerie abgezogen werden, sagte der Staatschef bei einem Auftritt im Konfliktgebiet Luhansk. Der Schritt solle den "dauerhaften Beschuss" beenden.

Poroschenko ordnete demnach an, dass die ukrainische Seite ein entsprechendes Abkommen der Kontaktgruppe unterzeichnet. Am Vorabend hätten sich die Ukraine und die pro-russischen Rebellen unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und Russland auf einen Waffenabzug geeinigt, teilte die Vorsitzende der europäischen Beobachtermission, Ivica Dacic, mit. Die prorussischen Separatisten in Donezk sicherten bereits zu, einen Teil des im Februar vereinbarten Minsker Abkommens einzuhalten, da sie Waffen mit einem Kaliber von weniger als 100 Millimetern drei Kilometer von der Front abgezogen hätten. Die Konfliktparteien werfen sich gegenseitig vor, sich nicht an die im Frühjahr getroffenen Vereinbarungen zu halten.

"Keine Entfremdung zwischen den Völkern"

Die Bundesregierung begrüßte die grundsätzliche Einigung. Sollte der Abzug umgesetzt werden, wäre das "ein großer Schritt in Richtung eines belastbareren, nachhaltigen Waffenstillstands", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Zwar sei die Ostukraine noch weit entfernt von einer Entspannung. Die Fortschritte bei den Gesprächen der Kontaktgruppe und der OSZE seien aber zu würdigen. Dabei seien auch Projekte vereinbart worden, um die Wasserversorgung von mehreren Hunderttausend Menschen in Donezk und Luhansk wiederherzustellen. Separatistenführer Wladislaw Dejnego bestätigte dies. Auch die durch Artilleriebeschuss beschädigten Anlagen würden vermutlich mit deutscher Finanzhilfe wiederhergestellt, sagte er. Hunderttausende Menschen in der Region um Donezk und Luhansk waren durch die von den Kämpfen unterbrochene Wasserversorgung abgeschnitten. Eine schriftliche Zustimmung der prowestlichen Führung in Kiew stehe aber noch aus.

Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow hofft auf eine baldige "Wiederkehr des Vertrauens" zwischen Deutschen und Russen. "Wir sollten verhindern, dass die Entfremdung zwischen unseren Völkern weiter wächst", betonte der 84-Jährige in Moskau. Die Regierungen in Berlin und in Moskau müssten "Weisheit zeigen, um einen Dialog aufzubauen", sagte der Friedensnobelpreisträger.

Derweil überwies die Europäische Union dem vom Staatsbankrott bedrohten Land weitere Finanzhilfen in Höhe von 600 Millionen Euro. Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis sagte, mit dem Geld solle der mutige Reformkurs der Regierung in Kiew unterstützt werden. Die Ukraine steht wegen des monatelangen Bürgerkriegs zwischen Armee und prorussischen Separatisten im Osten des Landes am Rande der Staatspleite. Die Aufständischen haben im Osten wichtige Industriestandorte unter ihrer Kontrolle gebracht. Die jetzt überwiesenen 600 Millionen Euro sind die erste Zahlung aus einem neuen Hilfsprogramm über insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Das Geld kommt aus dem Gemeinschaftshaushalt der EU und fließt in Form mittelfristiger Darlehen.

Proteste gegen Regierung in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt bereiten währenddessen die Aktivitäten des radikalen Rechten Sektors Sorgen. Rechtsnationalistische Milizen hatten in den vergangenen Tagen auf mehreren Demonstrationen den Rücktritt des ukrainischen Präsidenten Poroschenko gefordert. Die Gruppierung war die militanteste Fraktion, die bei den Protesten in Kiew den Sturz des damaligen pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch herbeiführte. Auch mit der Regierung Poroschenko ist der Rechte Sektor unzufrieden. Das Parlament in Kiew hatte vergangenen Donnerstag eine Verfassungsreform eingeleitet, die zwei abtrünnigen Gebieten im Osten mehr Autonomie gewähren soll. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft dem Rechten Sektor vor, ukrainische Bürger in Gefangenschaft zu nehmen und zu foltern.

pab/kle (dpa, ap, rtr)