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Titan aus Essen

Yannick Jochum27. Oktober 2008

Die weltweite Rohstahlproduktion ist im September erstmals in diesem Jahr geschrumpft, laut Weltstahlverband um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Thyssen-Krupp investiert dennoch - in den Standort Deutschland.

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Stahlarbeiter geht durch Hochofen (Quelle: AP Photo/Martin Meissner)
Geht die Stahlindustrie einer rosigen Zukunft entgegen?Bild: AP

Seit einigen Wochen kracht und rumort es hörbar im Gebälk der internationalen Stahlindustrie. Die erfolgsverwöhnte Branche erlebt nach Jahren des Aufschwungs die ersten Folgen der Finanzkrise. Vor allem die Konzerne in den USA, China und Japan geraten unter Druck. Große Abnehmer, wie die Bauwirtschaft und die Autoindustrie, stecken in der Krise. Damit sinken die Preise für Rohstahl und die Produzenten verdienen weniger.

Neuer Ofen

Stahlarbeiter von Thyssen-Krupp bedient Kran im Essener Werk (Quelle: dpa)
In der neuen Schmelzanlagenhalle in Essen soll auch in Zukunft die Arbeit nicht ausgehenBild: picture alliance/dpa

Der Weltstahlverband erwartet dennoch auch 2009 eine weltweit wachsende Nachfrage. Dafür sorgen vor allem die Märkte in Asien, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Russland. So schmieden die deutschen Stahlkonzerne, Thyssen-Krupp und Salzgitter, ungeachtet der Krise fleißig Eisen. Sie erwarten sogar in anderen Branchen kein Ende des Booms.

Thyssen-Krupp investierte jüngst in einen neuen Titanschmelzofen am Standort Essen. "Einen solchen Elektronenstrahlofen muss man sich vorstellen wie eine gigantische Fernsehröhre", erklärt der Geschäftsführer der Thyssen-Tochter Titanium, Markus Holz, die Funktionsweise des Geräts. "Das Titan wird unter Vakuum mit einem Elektronenstrahl erschmolzen. Die Kraft des Ofens entspricht dabei der Kraft von 36.000 Fernsehröhren."

Neuer Absatzmarkt

Holz rechnet langfristig mit einer wachsenden Nachfrage am Titanmarkt. Das liegt vor allem an den Eigenheiten des Materials, das sehr leicht und korrosionsbeständig ist und dabei von hoher Festigkeit; daher eignet es sich zum Beispiel bestens für Implantate. "Titan hat die hervorragende Eigenschaft, dass es der Körper nicht bemerkt", weiß Holz. "Das heißt der Implantatwerkstoff Nummer eins ist Titan." Dies sei ein großer Wachstumsmarkt, ist sich Holz sicher. Je älter die Menschen würden und je mehr Geld zur Verfügung stünde, um sich eine bessere medizinische Versorgung zu sichern, desto mehr Absatzmöglichkeiten würde der Bereich der Medizintechnik bieten.

Neue Arbeitsplätze

Flugzeug im Bau (Quelle: dpa)
Airbus und andere Flugzeugbauer zählten bisher immer zu den Großabnehmern von TitanBild: dpa

In Essen arbeiten derzeit 160 Mitarbeiter für den Titanhersteller. 25 neue Jobs wurden geschaffen. Die Titan-Gruppe erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 141 Millionen Euro. In Zukunft soll dieses Ergebnis noch ausgebaut werden. Bleibt die Frage, wieso Thyssen-Krupp gerade in den vergleichsweise teuren Standort Deutschland investiert. Holz begründet dies mit der bereits vorhandenen "Kernkompetenz". Schließlich habe man am Standort Essen bereits Titanschmelz-Technologie präsent. "Außerdem haben wir hier im Ruhrgebiet eine große Ansammlung von lernbereiten, gut ausgebildeten Menschen, die willig sind, sich auf etwas Neues einzulassen."

Insgesamt werden auf dem Weltmarkt jährlich 90.000 Tonnen Titan produziert. Der Großteil davon fließt in den Flugzeug- und Chemieanlagenbau. Aber auch in Brillenfassungen, Uhren und Golfschlägern wird das Material verarbeitet.