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Opposition fordert Camerons Rücktritt

8. April 2016

Die scheibchenweisen Enthüllungen zu den Briefkastenfirmen in Panama haben Großbritanniens Premier Cameron scharfe Kritik eingebracht. Der Zeitpunkt der Glaubwürdigkeitsdebatte ist äußerst ungünstig.

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David Cameron in Wahlkampf 2015 (Foto: getty)
Bild: Getty Images/R. Stothard

Der Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei, John Mann, warf David Cameron im Kurzmitteilungsdienst Twitter "Heuchelei" vor. Der Premier sei "weniger als aufrichtig" und sollte "unverzüglich zurücktreten".

Parteivize Tom Watson äußerte bei Skynews, er sei "nicht sicher, dass das britische Volk ihm verzeiht". Cameron habe andere Politiker "angeprangert", während er "selbst von den Arrangements profitiert" habe. Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei (SNP) im Parlament, Angus Robertson, sagte, Cameron "verliert offenbar völlig den Draht zur Bevölkerung und deren Vertrauen".

Britische Salami-Taktik

Die Enthüllungen der "Panama Papers" am Sonntag, denen nach Cameron an der Briefkastenfirma seines verstorbenen Vaters beteiligt war, hatten den Regierungschef in Erklärungsnöte gebracht. Zunächst erklärte sein Team die Angelegenheit zur Privatsache. Am Dienstag beteuerte der konservative Politiker dann, er habe "keine Aktie, keinen Fonds, nichts dergleichen im Ausland". Zwei Tage später dann die nächste Scheibe der Wahrheit, wonach er zwar tatsächlich "derzeit" nicht mehr offshore aktiv sei, bis zu seiner ersten Wahl aber sehr wohl. Im britischen TV räumte er ein, dass er zusammen mit seiner Frau vor seinem Amtsantritt als Regierungschef Anteile im Wert von rund 30.000 Pfund (etwa 37.000 Euro) am Blairmore Investment Trust besessen hatte Er habe die 5000 Anteile aber wenige Monate vor seinem Amtsantritt 2010 verkauft.

Schon 2012 hatte die Zeitung "Guardian" über den Investitionsfonds berichtet. Den "Panama Papers" zufolge gelang es Vater Ian Cameron mit Hilfe der berüchtigten Finanzkanzlei Mossack Fonseca, die Gewinne 30 Jahre lang der Versteuerung in Großbritannien zu entziehen. Britische Finanzexperten geben hingegen Cameron Recht, wonach alle Gewinne sehr wohl ordnungsgemäß versteuert worden seien.

Er habe sich nichts vorzuwerfen, betonte jetzt David Cameron. "Ich habe wirklich nichts zu verbergen", beteuerte er. "Ich besitze zwei Häuser, von denen ich eines vermiete, und ich beziehe mein Einkommen als Premierminister." Er besitze keine Aktien mehr, verfüge aber über Ersparnisse.

Debatte um "Brexit"

Die Glaubwürdigkeitsdebatte erwischt Cameron zu einer äußerst ungünstigen Zeit. Die Briten stimmen am 23. Juni ab, ob sie in der EU verbleiben wollen. Cameron, EU-Befürworter, hat zwar aus Brüssel Zugeständnisse erhalten - etwa, dass die Sozialleistungen für EU-Ausländer im Falle eines Verbleibs in der EU gekappt werden können. Dennoch liegen "Brexit"-Gegner und Befürworter Kopf an Kopf.

"Nun ist sein dringendstes Anliegen nicht mehr Europa, sondern dass er das Amt des Premierministers nicht verliert", kommentiert die französische Zeitung "Le Journal de la Haute-Marne". Für Cameron sei der Kampf um das Ja der Briten beim Referendum "der politische Kampf seines Lebens", meint auch BBC-Kommentator James Landale. Und alles, was die Wähler an seinen Wohlstand und seinen privilegierten Hintergrund erinnere, schwäche seine Position. Die Affäre komme deswegen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

chr/djo (afp, dpa)