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Opel GM

Henrik Böhme25. November 2009

Aufatmen an den vier deutschen Opel-Standorten: Alle Werke bleiben erhalten. Allerdings will die Konzernmutter GM europaweit rund 9000 Jobs streichen. Schmerzhaft, aber notwendig, meint Henrik Böhme:

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Das Pokern um Opel nimmt kein Ende. Und damit auch nicht das Gefeilsche um staatliche Hilfen, sprich um Steuergelder. Und wieder können sich deutsche Landespolitiker nicht zurückhalten, sich als Retter aufzuspielen. Überall, wo der Opel-Übergangschef Nick Reilly in dieser Woche auftauchte - ob in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, in Hessen und Thüringen - überall zeigten sich die Ministerpräsidenten dieser Länder, in denen Opel-Werke stehen, und spielten den besorgten Landesvater. Was sie dem Opel-Manager versprochen haben, wissen wir nicht. Es ist aber nicht schwer zu erraten: Geld natürlich, Geld gegen Arbeitsplätze. Geholfen hat das zumindest ein bisschen: Die vier deutschen Opel-Standorte bleiben erhalten - allerdings werden die Belegschaften kleiner: Tausende Stellen werden abgebaut.

Hickhack um Staatsgelder

Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion
Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Das war nicht anders zu erwarten - und es wäre grundverkehrt, die dringend notwendige Restrukturierung der schwer gebeutelten Automobilbranche mit Steuergeldern aufzuhalten. Im Übrigen sollen nach dem GM-Konzept europaweit 9.500 Stellen wegfallen. Eine Zahl in dieser Größenordnung hatte auch Magna genannt, die von der Politik stets als Opel-Partner favorisiert worden war. Dann vollzog GM vor drei Wochen die Kehrtwende und kippte den fast schon besiegelten Verkauf von Opel an Magna. Erste Reaktion in Berlin damals: Dann zurück mit dem Geld - schließlich hatte man für Opel einen Überbrückungskredit über 1,5 Milliarden Euro gegeben. Jetzt hat GM das Geld zurück gezahlt - und in Berlin sagt man stolz: Alles wieder da - der Steuerzahler gibt keinen Cent für die Opel-Rettung.

Unsichere Aussichten

Das gilt aber nur bis zu diesem Punkt. Denn mit Sicherheit hält General Motors nun wieder die Hand auf. Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass die US-Amerikaner die milliardenschweren Restrukturierungskosten für ihre europäische Tochter Opel alleine tragen können. Denn: Noch immer schreibt GM rote Zahlen. Noch lange ist das Unternehmen nicht über den Berg. Und so manche Prognose sagt der weltweiten Automobilbranche die wirklich schweren Zeiten erst noch voraus. So entwickelt sich der wichtige Automarkt in China nicht im erhofften Maße. Auch in Russland - die ja so gerne mit Hilfe von Opel ihre darniederliegende Autoindustrie aufgepeppt hätten - sind die Aussichten nicht rosig. Und die ganz große Unbekannte sind die USA: Der Automarkt in Nordamerika gilt noch immer als extrem wichtig. Aber auch hier gilt: Weitere Aussichten eher düster.

Strukturwandel ist nicht aufzuhalten

Anfang der Woche hatte die Europäische Kommission die Wirtschaftsminister der Mitgliedsländer an einen runden Tisch gebeten, in denen Opel Werke hat. Grund der Veranstaltung: Einen Subventionswettlauf zu verhindern. Denn natürlich ist es nur zu verlockend, Geld zu bieten, um die Schließung eines Werkes zu verhindern. Doch wem ist damit geholfen? Die Automobilbranche schleppt seit Jahren schon riesige Überkapazitäten mit sich herum. Es werden einfach zu viele Autos gebaut. Und deswegen noch einmal: Die Strukturen müssen dem Bedarf angepasst werden, auch wenn es ein schmerzhafter Prozess ist. Den Untergang der glorreichen europäischen Textilindustrie hat auch niemand mit Steuergeldern aufhalten können. Heute kämpfen andere Branchen ums Überleben, die mit Fug und Recht ebenso wie die Autoindustrie die Hände aufhalten und um Staatshilfe betteln könnten. Aber das ist der falsche Weg. Natürlich müssen soziale Sicherungssysteme so belastbar sein, einen solchen Strukturwandel abzufedern. Aber ihn aufhalten zu wollen - ist über kurz oder lang nicht möglich.

Doch zurück zu Opel: Vorerst also ist ein berechtigtes Aufatmen an den deutschen Standorten zu vernehmen. Nach der monatelangen Hängepartie sei den Mitarbeitern dieser Tag der guten Nachrichten gegönnt. Denn sie wissen selbst nur gut genug: Das Ende der Geschichte ist noch lange nicht geschrieben.