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Olaf Thon: "Argentinien ist schlagbar"

2. Juli 2010

Deutsche-Welle-Experte Olaf Thon hält einen Sieg der deutschen Mannschaft für möglich. Entscheidend sei, dass man Messi ausschalte und die Löcher in der argentinischen Defensive nutze.

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Der ehemalige Nationalspieler und jetzige DW-WM-Experte Olaf Thon (Foto: Thon)
Olaf ThonBild: Olaf Thon

DW-WORLD.DE: Olaf Thon, im Viertelfinale heißt der nächste Gegner der deutschen Mannschaft am Samstag nun Argentinien. Wie schätzen Sie die Mannschaft ein?

Olaf Thon: Das ist eine Mannschaft, die man durchaus schlagen kann mit ihrem etwas exzentrischen Trainer Diego Maradona. Mit einem Weltklassespieler, mit dem weltbesten Spieler Messi in ihren Reihen, mit Higuain, dem Stürmer, der schon sehr viele Tore erzielt hat. Sie stehen aber in der Deckung nicht so massiv, wie ich das eigentlich erwartet habe und solange ein Demichelis im Zentrum spielt, haben wir große Chancen, Tore zu erzielen. Denn der ist immer für einen Bock gut. Von daher glaube ich, dass wir eine 50-prozentige Chance haben aufs Weiterkommen und vielleicht wird es ähnlich wie 2006, als wir nach dem Elfmeter-Schießen gewonnen haben. Vielleicht gibt es das diesmal in ähnlicher Form mit Manuel Neuer.

Wo sehen Sie die Schlüsselduelle in dieser Partie?

Das ist ganz klar Messi. Messi und - auf der anderen Seite - in der Defensive Demichelis. Kann er seinen Vereinskollegen Klose an die Kette legen und wie kommen wir mit Messi zurecht? Können wir ihn wirklich ausschalten? Das sind die zentralen Fragen. Ich denke, das können wir, wenn wir versuchen, mit unserem 4-2-3-1-System die Räume eng zu machen, um im Mittelfeld Ballverluste von Messi und den anderen zu provozieren, um dann schnelle Konter über Podolski und über den überragenden Müller nach vorne zu bringen. Dann kann ich mir vorstellen, dass Özil und Klose Tore machen.

Dribbling von Lionel Messi gegen drei Nigerianer (Foto: AP)
Lionel Messi beschäftigt immer mehrere Abwehrspieler gleichzeitigBild: AP

Sollte Joachim Löw nach der Devise verfahren "Never change a winning team" oder würden sie sagen, es muss im Vergleich zu England Änderungen geben?

Marcell Jansen (Foto: dpa)
Mögliche Alernative: Marcell JansenBild: Picture-Alliance/dpa

Nein, ich sehe da keine großen Möglichkeiten und Notwendigkeiten etwas zu verändern. Vielleicht Boateng auf der linken Seite, aber 'never chance a winning team' hat etwas für sich. Die Jungs sind eingespielt, sind stark genug und man kann in der zweiten Halbzeit immer noch entsprechend auswechseln. Wenn zum Beispiel Boateng auf der linken Seite ein bisschen müde wird oder wir zurückliegen, dass man da ein bisschen offensiver mit Janssen operieren kann. Man kann mit Kießling oder Gomez eine zweite Spitze bringen. Also da hat Jogi Löw eine Menge Alternativen.

Sie haben Lionel Messi schon angesprochen. Der hat ja bisher noch nicht ganz ins Turnier gefunden. Hier und da blitzt sein Können auf, aber einen Treffer hat er noch nicht erzielt. Muss man sich Sorgen machen, dass der Knoten ausgerechnet gegen die Deutschen platzt?

Das könnte man meinen und Messi hat für mich nicht enttäuscht. Er hat nur ein bisschen Pech gehabt mit der Torausbeute und dass er auf gute Torhüter gestoßen ist. Für mich ist er trotzdem auch bei diesem Turnier mit der beste Spieler und es ist wirklich nur eine Frage der Zeit, wann der Knoten bei ihm platzt. Aber vorbereitet hat er schon einige Treffer und von daher hoffe ich mal, dass der Knoten nicht gegen uns platzt.

Dann zum Schluss noch eine Frage, bei der wir mal von Ihrer Erfahrung als Spieler profitieren wollen. Im Achtelfinale gegen England ist, was die gelben Karten auf deutscher Seite angeht, alles gut gegangen. Aber es sind viele deutsche Spieler vorbelastet. Wenn man nun gegen Argentinien, gerade gegen Messi und solche schnellen Spieler, in die Zweikämpfe geht, hat man dann im Hinterkopf, dass man für das Halbfinale gesperrt sein könnte?

Angela Merkel umarmt Franz Beckenbauer (Foto: dpa)
Glücksbringer gegen Argentinien 2006Bild: picture-alliance/dpa

Ja, dass ist natürlich der Fall, je weiter man kommt. Gott sei Dank kann im Endspiel dann keiner mehr gesperrt sein, aber jetzt wird das Halbfinale ist das noch möglich und das kann natürlich bei dem ein oder anderen eine Rolle spielen und dazu führen, dass man nicht so beherzt in die Zweikämpfe geht. Das werden die Spieler von Argentinien natürlich zu nutzen versuchen. Auch wenn sie dann nicht davon profitieren. Jeder Spieler muss für sich selbst entscheiden, ob er das Risiko eingeht, richtig in den Zweikampf zu gehen. Ich glaube, es macht auch keinen Sinn mit 50 Prozent zu spielen.
Also, Jogi Löw tut gut daran, zu empfehlen - so würde ich es auch machen und habe es auch immer so gemacht -, auch mit dem Risiko in die Zweikämpfe hineinzugehen, selbst wenn man dann fürs Halbfinale gesperrt sein sollte, um die Mannschaft weiterzubringen. Denn Fußball besteht nicht aus Egoisten, sondern mit Teamgeist kommt man am weitesten.

Die Chancen, das haben sie schon gesagt, stehen 50 zu 50. Ist es ein gutes Omen, dass Angela Merkel auch im Stadion sein wird. Sie war ja 2006 gegen Argentinien auch dabei.

Ja, sie war aber nicht so lange dabei, dass wir ins Endspiel kamen und dann den Pokal geholt haben. Deswegen glaube ich, dass "Angie" immer ein gutes Maskottchen ist. Sie ist leidenschaftlich wie 2006 mitgegangen und wird das auch bei diesem Spiel wieder machen. Also, das ist auf jeden Fall kein Nachteil.

Die Fragen stellte Andreas Ziemons
Redaktion: Tobias Oelmaier