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Goldman-Sachs-Banker wird Staatssekretär

19. März 2018

Bei der Investmentbank Goldman Sachs war er Deutschlandchef. Nun wechselt Jörg Kukies überraschend ins Finanzministerium. Ein weiterer Staatssekretär kommt von der Deutschen Bahn zurück und unterstützt Olaf Scholz.

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Deutschland Bundesministerium der Finanzen Berlin
Bild: Imago

Während der neue Finanzminister Olaf Scholz beim G20-Treffen in Argentinien ist, verkündet das Finanzministerium neue Personalien. Demnach soll der Co-Chef der Investmentbank Goldman Sachs in Deutschland, Jörg Kukies, als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium wechseln. Dort werde er die Bereiche Finanzmarkt- und Europapolitik verantworten, teilte das Ministerium mit. 

Er ist damit federführend für Themen wie die Vollendung der Bankenunion in der EU zuständig, bei der die Sparkassen in Deutschland eine gemeinsame Einlagensicherung ablehnen. Auch der Umgang mit dem schuldengeplagten Griechenland oder die Umsetzung von EU-Regeln bei der Schieflage von Banken fällt in seinen Bereich.

Deutschland Goldman Sachs AG Vorstand Dr. Joerg Kukies Oktoberfest 2017
Jörg Kukies - hier auf dem OktoberfestBild: picture-alliance/dpa/ATP/A. Thill

Kukies ist seit über 30 Jahren SPD-Mitglied und war als Juso-Landeschef von Rheinland-Pfalz Vorgänger auf dem Posten der SPD-Fraktionschefin im Bundestag, Andrea Nahles. Für Goldman Sachs war er 17 Jahre lang tätig und zuletzt mit Wolfgang Fink Co-Chef der US-Investmentbank in Deutschland und Österreich. Wie Goldman Sachs mitteilte, soll Fink die Geschäfte künftig allein führen.

Das Wirtschaftsforum der SPD, ein Zusammenschluss von Unternehmen und Verbänden, begrüßte die Entscheidung, einen "ausgewiesenen internationalen Fachmann an Bord zu holen".

Harsche Kritik aus der Politik

Der Wechsel von Kukies aus der Wirtschaft in die Politik wurde auch kritisiert. "Finanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz imitiert Donald Trump und macht die Brandstifter zur Feuerwehr", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Fabio de Masi. Die Berufung des Co-Chefs von Goldman Sachs in Deutschland und Österreich zum beamteten Staatssekretär sei ein schwarzer Tag für die Regulierung von Banken und Finanzmärkten. Ähnlich äußerte sich Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick: "Dass ein Sozialdemokrat die Verantwortung für die Bankenregulierung einem Investmentbanker anvertraut, zeigt die Probleme der SPD."

In Ministeriumskreisen hieß es, dass Scholz Kukies gefragt habe, ob dieser sich einen Wechsel nach Berlin vorstellen könne. Scholz lege Wert darauf, die Sicht aus der Praxis in die anstehenden Debatten einzubeziehen. Kukies bringe neben Fachkenntnis auch eine andere Perspektive in die anstehenden Verhandlungen ein. Es sei ein gutes Zeichen, dass jemand aus der Privatwirtschaft bereit sei, im öffentlichen Sektor Verantwortung zu übernehmen.

Die enge Verbindung von Goldman Sachs mit der Politik hat Tradition. Unter anderem war EZB-Präsident Mario Draghi vor seinem Wechsel zur Notenbank für das Wall-Street-Haus tätig, ebenso der frühere US-Finanzminister Henry "Hank" Paulson, der von 1999 bis 2006 sogar auf dem Chefsessel bei Goldman Sachs saß. Auch andersherum funktioniert die Drehtür: Beispielsweise wechselte der frühere portugiesische Ministerpräsident und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso nach dem Ende seiner Amtszeit als Berater für Europafragen zu der Bank. Gleiches gilt für den ehemaligen Chefvolkswirt der Bundesbank und Europäischen Zentralbank (EZB), Otmar Issing.

Architekt der "Schwarzen Null"

Scholz' Ministerium teilte auch mit, dass Werner Gatzer von der Deutschen Bahn zurück ins Finanzministerium wechselt. Dort soll er als beamteter Staatssekretär für Haushaltsfragen sowie die Beteiligungen des Bundes zuständig sein. Gatzer gilt als Architekt der "schwarzen Null" unter dem früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), also eines Bundeshaushalts ohne neue Schulden.

Werner Gatzer
Werner Gatzer - von der Bahn zurück in die PolitikBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Der SPD-Politiker Gatzer hatte erst Anfang des Jahres bei der Deutschen Bahn als Chef der DB Station & Service begonnen. Er war bereits von 2005 bis 2017 Finanz-Staatssekretär und für den Haushalt zuständig. Gatzer diente - was selten vorkommt - Ministern unterschiedlicher Parteien, erst Peer Steinbrück (SPD), dann Wolfgang Schäuble (CDU). Das galt als Beleg für seine Expertise.

Wegen der langen Regierungsbildung gibt es erheblichen Zeitdruck bei der Aufstellung eines neuen Haushalts, der bis Juli von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden soll. Die neuen Minister dürften versuchen, viele Vorhaben des Koalitionsvertrags umzusetzen - dabei gilt es, den finanziellen Spielraum im Blick zu behalten. 

Weitere beamtete Staatssekretäre sollen zwei langjährige Vertraute Scholz' aus dessen Zeit als Hamburger Bürgermeister werden: Wolfgang Schmidt (47) und Rolf Bösinger (52). Damit stellt Scholz anders als Schäuble - der Gatzer behalten hatte - die Führungsriege komplett neu auf. Das Bundeskabinett muss allen Personalien noch zustimmen.

nm/bea (rtr, dpa, afp)