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Ohne Konzept

Peter Philipp22. Februar 2002

In seiner Rede an die Nation plädierte Israels Ministerpräsident Ariel Scharon für einen Schutzwall gegen die Palästinenser. Er hat sich damit als unfähig erwiesen, die Probleme des Landes zu lösen, meint Peter Philipp.

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Ein großer Rhetoriker ist der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon gewiss nicht. Aber dennoch: Man hätte doch wohl schon etwas mehr von ihm erwarteten dürfen, als er sich nach Wochen der Abstinenz nun mit einer Rede an das israelische Volk zu Wort meldete.

Dieses schale Gefühl von Leere und Enttäuschung haben nicht nur die Israelis – die eigentlichen Adressaten der Scharon-Rede – sondern auch das Ausland. Wenn man etwas aus den Worten des Premiers heraushören konnte, dann dies: Er hat kein Konzept für einen Ausweg aus der gegenwärtigen Situation.

Was bringt es den Israelis, dass sie da eitle Worte über die beste Armee der Welt hören oder eines der besten Bildungssysteme. Aber nicht darüber, wann die Lage sich beruhigen und wann man wieder über Frieden verhandeln wird? Die Israelis sind frustriert und verunsichert, gebeutelt noch dazu von einer dramatischen Rezession. Und sie erwarten von ihrem Premier mehr: Vor allem eine Perspektive und Hoffnung auf Besserung.

Was bringt es den Palästinensern, dass ihnen empfohlen wird, nicht mehr den falschen Führern nachzulaufen, die ja doch nur ihre Kinder ins Verderben schickten? Sie sind zu tief verstrickt in die Geschehnisse, um Scharons Schuldzuweisungen nachvollziehen zu können. Und sie erwarten – wenn überhaupt etwas – dass Israel endlich einmal nachgibt.

Und was nützt es der Welt, dass hier ein israelischer Regierungschef sich hinstellt und zum wer-weiß-wievielten Male beteuert, er sei interessiert an einer Friedenslösung, während seine Panzer und Kampfflugzeuge gleichzeitig die Palästinensergebiete angreifen?

Scharon hat keinem gedient mit dieser Rede. Noch nicht einmal sich selbst. Wären heute Wahlen, wer weiß, ob er wiedergewählt würde. Denn einst stimmten die Israelis für ihn in der Hoffnung, dass er der Gewalt der Intifada ein rasches Ende setzen würde. Inzwischen steht aber längst fest, dass diese Gewalt seit Scharons Regierungsantritt nur noch potenziert wurde. Sicher nicht allein Scharons wegen, aber eben auch seinetwegen. Weil der Premier eben immer noch seiner alten Denkweise verfangen ist: Gewalt könne nur mit noch größerer Gewalt begegnet und schließlich beendet werden. Eine Theorie, die sich im zurückliegenden Jahr auf tragische Weise als falsch erwiesen hat.

Und nun dies: Das einzig einigermaßen Neue in der Rede war die Ankündigung von "Sicherheitszonen" zwischen Israel und den Palästinensergebieten, Zonen von mehreren Kilometer Breite und das sicher nicht auf der israelischen Seite der Demarkationslinie. Das palästinensische Gebiet wird dadurch noch weiter eingeschränkt und droht noch mehr den Charakter eines Gefängnisses zu bekommen. Und eine Änderung ist nicht abzusehen, denn selbst wenn die Waffen schweigen sollten: Scharon spricht plötzlich nur von Waffenruhe, der dann – vielleicht – einmal Frieden folgen soll. Das aber ist für alle zu wenig.