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Ohne Kabinettsumbildung und noch ohne Kanzlerkandidatin

Steffen Leidel23. Mai 2005

Nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen sind die Weichen für frühzeitige Neuwahlen auf Bundesebene gestellt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wird am 1. Juli im Bundestag die Vertrauensfrage stellen.

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Die CDU-Chefin hat noch einiges vorBild: AP

Das teilte die Bundesregierung am Montagabend mit, nachdem sich Schröder unter anderem mit Bundespräsident Horst Köhler besprochen hatte. Der Kanzler will mit seinem Schritt eine vorgezogene Bundestagswahl herbeiführen. Schon Mitte September sollen die Bürger in einer vorgezogenen Bundestagswahl das Duell zwischen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und CDU-Chefin Angela Merkel entscheiden. Als Wahltermine absehbar sind der 11. oder der 18. September.

Das SPD-Präsidium hat sich inzwischen einstimmig für eine Neuwahl des Bundestags ausgesprochen. Laut Parteichef Müntefering werde der Parteivorstand am Dienstagabend darüber beraten und am Mittwoch solle die SPD-Bundestagsfraktion auf einer Sondersitzung informiert werden. Müntefering sprach von einer "eindeutigen, klaren Niederlage" der SPD in Nordrhein-Westfalen, die einen "tiefen Sturz" bedeute. "Das ganze muss Konsequenzen haben für unsere Politik und braucht klare Entscheidungen", sagte er.

Kabinett bleibt unangetastet

Nach den Worten Münteferings wollen die Sozialdemokraten mit Schröder als Spitzenkandidat in den Wahlkampf ziehen und dafür werben, "dass er und nicht Merkel die Regierung führt". Änderungen in dem bisherigen Kabinett seien nicht geplant. Auch werde die Regierung an ihren auf den Weg gebrachten Gesetzesvorhaben festhalten.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering kündigt Neuwahlen für den Herbst an
Der SPD-Vorsitzende Franz MünteferingBild: AP

Müntefering erwartet einen harten Wahlkampf, in dem es um einen "Richtungsentscheid" gehe. Das Präsidium habe ihn und Schröder beauftragt, ein Wahlmanifest auszuarbeiten, das dann als Wahlprogramm einem Parteitag vorgelegt werden solle. Dieser Parteitag werde rechtzeitig vor der Wahl stattfinden. Als inhaltliche Schwerpunkte der SPD im Wahlkampf nannte Müntefering die Themen sozialer Fortschritt, die Agenda 2010 und die Fortsetzung des Reformkurses sowie die Rolle Deutschlands in Europa und der Welt.

Linke Politiker aus der SPD heizten inzwischen die Debatte um einen Kurswechsel an. Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte, in der Wirtschafts- und der Sozialpolitik müsse es Veränderungen geben. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, forderte eine Fortsetzung der Kapitalismus-Debatte, mit der die SPD in den vergangenen Wochen versucht hatte, die Stimmung zu ihren Gunsten zu drehen. Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer forderte eine Neuaufstellung der rot-grünen Koalition. Im Magazin "Focus" machte er deutlich, dass die Grünen mit Außenminister Joschka Fischer als Spitzenkandidat in die Wahlauseinandersetzung gehen werden. "Dass Joschka Fischer vorne stehen wird, ist schon klar."

Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard BütikoferBild: dpa Zentralbild

Merkel legt sich noch nicht fest

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hält sich trotz klarer Aussagen führender Unionspolitiker in der Frage der Kanzlerkandidatur bei einer Bundestagsneuwahl weiter zurück. Nach einer Sitzung von Präsidium und Bundesvorstand der CDU in Berlin verwies Merkel am Montag lediglich auf eine gemeinsame Präsidiumssitzung mit der CSU am kommenden Montag (30.5.2005). Dann würden inhaltliche und personelle Fragen geklärt. Das Wahlprogramm der Union werde mit der CSU abgestimmt und vor allem aufzeigen, wie mehr Arbeitsplätze und Wachstum entstehen könnten. Auch würden die Gemeinsamkeiten mit der FDP ausgelotet.

Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel beantwortet Fragen von Journalisten bei einer Pressekonferenz nach einer Gremiensitzung in Berlin am Montag, 23. Mai 2005
Angela Merkel hat gut lachenBild: AP

Zuvor hatten sich mehrere CDU-Spitzenpolitiker überzeugt gezeigt, dass Merkel die Union in die für Herbst geplanten vorgezogenen Bundestagswahlen führt. Die CSU rechnet damit, dass Parteichef Edmund Stoiber nach einem Machtwechsel im Bund eine wichtige Rolle übernehmen werde. Merkel wollte sich dazu nicht näher äußern.

Kritische Töne aus der FDP

Die Union werde den Wahlkampf zusammen mit der FDP "ganz klar an den Sorgen und Ängsten der Menschen ausrichten", sagte Merkel. Sie sei sehr optimistisch, dass "wir die Probleme Deutschlands besser lösen". Das Wahlprogramm werde aufzeigen, wie mehr Arbeitsplätze und Wachstum entstehen und Deutschland aus der von Rot-Grün verursachten Schuldenfalle herausgeführt werden könne.

Beim designierten Koalitionspartner FDP wurden unterdessen kritische Stimmen zur programmatischen Reife der Union laut, die Regierung zu übernehmen. Fraktionschef Wolfgang Gerhardt warf den Unionsparteien vor, für eine Neuwahl noch nicht ausreichend aufgestellt zu sein. Die Programmatik sei bei der FDP in allen wichtigen Feldern klarer als bei CDU und CSU, sagte Gerhardt. "

Wolfgang Gerhardt Galerie deutsche Politiker
Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der FDP-BundestagsfraktionBild: AP