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Obama und Clinton rügen tödliche Polizeigewalt

8. Juli 2016

In den USA sind zwei Schwarze durch Polizeischüsse getötet worden. Es kam zu Protesten. Dabei wurden in Dallas mehrere Polizisten angeschossen. Nach jüngsten Berichten starb ein Beamter, drei wurden verletzt.

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Ein Plakat erinnert in St. Paul in Minnesota an das zweite Todesopfer (Foto: AFP)
Ein Plakat erinnert in St. Paul in Minnesota an das zweite TodesopferBild: Getty Images/S. Maturen

Unmittelbar vor den Protesten hatte sich US-Präsident Barack Obama zu Wort gemeldet. Der Tod zweier schwarzer Bürger durch Polizeikugeln sei ein Ereignis, das alle Amerikaner gleichermaßen angehen müsse. "Wir erleben so etwas viel zu oft", sagte Obama nach der Landung in Warschau, wo er in der Nacht zum Freitag zum NATO-Gipfel eintraf. Der sichtbar berührte Präsident beschwor die Amerikaner, nach dem Geschehenen nicht in routinierte Reaktionsmuster zu verfallen, sondern innezuhalten.

Kurz zuvor hatte Obama auf Facebook die tödliche Polizeigewalt als "ernsthaftes Problem" bezeichnet. Dieses Problem innerhalb der US-Gesellschaft beim Namen zu nennen, widerspreche auch nicht dem "Respekt" und der "Anerkennung" gegenüber der Mehrheit der Beamten, die täglich ihr Leben aufs Spiel setzten, betonte er. Er erklärte dazu auf seiner Facebook-Seite, derlei Tragödien seien in der Vergangenheit "viel zu oft" vorgekommen und alle US-Bürger sollten angesichts dessen "zutiefst beunruhigt" sein. Es handle sich dabei auch nicht um "isolierte Einzelfälle", sondern sie seien unter anderem Ausdruck des "fehlenden Vertrauens" zwischen den Behörden und den Bürgern. "Als Nation können und müssen wir besser darin werden, das Beste dafür zu tun, das Aufkommen oder die Existenz ethnischer Voreingenommenheit in der Strafverfolgung zu reduzieren", schrieb Obama.

Zwei Videos zeigen Tötungen

Zuvor waren innerhalb von weniger als 48 Stunden in den USA zwei Schwarze durch Polizeischüsse getötet worden. Am Mittwoch wurde der 32-jährige Philando Castile während einer Polizeikontrolle im Bundesstaat Minnesota erschossen. Seine Freundin nahm die schockierenden Momente mit dem Handy auf. In Baton Rouge in Louisiana hatten nur einen Tag zuvor zwei Polizisten Alton Sterling auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen. Die Einsatzkräfte waren angerückt, nachdem ein Anrufer berichtet hatte, er werde von einem Mann mit einer Waffe bedroht. Unklar ist, ob der 37-jährige Sterling tatsächlich bewaffnet war.

Zum Fall Sterlings, der nun auch das US-Justizministerium beschäftigt, äußerte sich auch die voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. In einem Statement auf Twitter verwies sie auf weitere Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze: "Von Staten Island bis Baltimore, von Ferguson bis Baton Rouge beklagen zu viele afroamerikanische Familien den Verlust eines geliebten Menschen durch einen Vorfall mit Polizeibeteiligung." Etwas laufe "zutiefst falsch, wenn so viele Amerikaner Grund haben zu glauben, dass das Land sie aufgrund ihrer Hautfarbe nicht für ebenso wertvoll hält wie andere", erklärte Clinton weiter.

Proteste gegen Rassismus

Der neue Vorfall nur einen Tag nach tödlichen Schüssen weißer Beamter auf einen Schwarzen löste große Empörung aus. Handy-Videos beider Ereignisse verbreiteten sich rasch im Internet. Hunderte Menschen protestierten vor Ort. Der Twitter-Hashtag der Anti-Rassismus-Bewegung "Black Lives Matter" wurde zum meistverbreiteten in den USA.

In Minnesota hatte die Freundin des Getöteten, die mit im Auto saß, das Geschehen nach den Schüssen live in einem Video auf Facebook festgehalten. Die Aufnahmen zeigen einen blutüberströmten Mann auf dem Fahrersitz und einen Polizisten, der mit gezückter Waffe vor dem Fenster steht. Die Frau sagt, sie seien wegen eines defekten Rücklichts angehalten worden. Die Polizei habe vier Mal auf ihren Freund geschossen. Bevor er seine Fahrzeugpapiere habe zeigen können, habe er dem Polizisten gesagt, dass er eine Pistole dabei habe, für die er aber eine Lizenz besitze.

Proteste von Afroamerikanern gegen Polizeigewalt in Baton Rouge (Foto: AFP)
Aufgebrachte Afroamerikaner protestieren gegen die Erschießung von Alton Sterling in Baton RougeBild: Getty Images/M. Wallheiser

"Krieg gegen Afro-Amerikaner"

Philando Castile starb kurz nach der Ankunft im Krankenhaus. Die Mutter des Getöteten sagte bei CNN, es gebe in den USA einen stillen Krieg gegen Afro-Amerikaner. Ihr Sohn sei als Schwarzer zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Die Polizei erklärte auf einer Pressekonferenz, es habe seit 30 Jahren in diesem Department keine tödlichen Schüsse mehr gegeben. Der Polizeichef zeigte sich erschüttert und sagte, man werde den Fall so umfassend wie möglich aufklären.

Zu den Vorfällen in Minnesota und Louisiana wurden inzwischen Ermittlungen eingeleitet. Ähnliche Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze hatten in den vergangenen Jahren in den USA wiederholt für Proteste und Aufruhr vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt.

kle/qu (afp, dpa, rtre)