1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Obama in US-Gefängnis: "Das ist nicht normal"

16. Juli 2015

Überbelegte Gefängnisse und unverhältnismäßige Strafen - das US-Strafrecht benötigt dringend eine Überarbeitung. Barack Obama besucht als erster US-Präsident ein Bundesgefängnis und wirbt vor Ort für seine Reformpläne.

https://p.dw.com/p/1G0Kr
Barack Obama besucht Gefängnis El Reno Federal (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/Afp/Saul Loeb

"Das sind junge Leute, die Fehler gemacht haben, die sich nicht so sehr von denen unterscheiden, die ich und viele andere von euch gemacht haben", erklärte US-Präsident Barack Obama, nachdem er sechs Häftlinge der Bundeshaftanstalt El Reno bei Oklahoma City getroffen hat. "Der Unterschied ist, dass sie nicht die Struktur der Unterstützung, die zweiten Chancen" gehabt hätten, um ihr Leben in den Griff zu bekommen.

Strafrecht drakonisch und unzeitgemäß?

Im Bundesgefängnis El Reno sitzen etwa 1300 Menschen ein. Viele von ihnen wurden wegen nicht gewalttätiger Drogendelikte verurteilt, oft zu sehr langen Haftstrafen. Das liegt daran, dass im US-Bundesstrafrecht Mindesthaftstrafen für Drogentäter festgeschrieben sind. Eine Regelung, die aus den 1980er Jahren stammt, als das Land mit einer Welle von Verbrechen im Zusammenhang mit Kokain konfrontiert war. Obama hält dieses System für überholt und will es nun abschaffen.

"Wir müssen etwas unternehmen"

Insgesamt sitzen in den USA 2,2 Millionen Menschen hinter Gittern; das entspricht 25 Prozent der Häftlinge weltweit. "Das ist nicht normal", stellte Obama fest, nachdem er die Strafanstalt in Oklahoma besichtigt hatte. "So etwas gibt es nicht in anderen Ländern."

Zuletzt prangerte der US-Präsident dieses Missverhältnis in einer Rede vor der NAACP an, der größten US-Organisation, die sich für die Rechte der Schwarzen einsetzt. "Wir halten mehr Menschen hinter Gittern als die Top 35 europäischen Staaten zusammen". Er betonte: "Wir müssen etwas unternehmen."

Häftlinge der Strafanstalt in Sacramento, Kalifornien (Foto: AP Photo)
2,2 Millionen Menschen sitzen in US-Gefängnissen - das entspricht 25 Prozent der Inhaftierten weltweitBild: picture-alliance/AP Photo/R. Pedroncelli

System der Diskriminierung

Der Strafvollzug sei nicht nur unverhältnismäßig streng, er spiegele auch die Diskriminierung gegenüber Minderheiten wider, bemängelte Obama in seiner Rede. Afroamerikaner und Menschen hispanischer Herkunft machten 30 Prozent der US-Bevölkerung aus, stellten aber 60 Prozent der Gefangenen. Jeder 35. afroamerikanische Mann sitze demzufolge in einem Gefängnis. Darüber hinaus riskiere er bei dem gleichen Vergehen eine höhere Strafe als ein weißer Krimineller.

Aus Obamas Sicht spricht noch ein weiterer Punkt für die Reform des Strafrechts: Die gigantischen Kosten, die durch den Gefängnisaufenthalt so vieler Menschen entstehen. 80 Milliarden Dollar koste das System die USA pro Jahr. "Man stelle sich nur vor", so der US-Präsident vor der NAACP, "was ich mit diesen 80 Milliarden anfangen könnte."

Der Kongress am Zug

Den US-Kongress hat Obama bereits dazu aufgerufen, diese Missstände anzugehen. Mindeststrafen seien abzuschaffen, stattdessen sollten Richter selbst entscheiden können, welche Strafen für Drogendelikte angemessen seien. Außerdem müssten bessere Rehabilitierungsprogramme geschaffen und die Chancen für entlassene Straftäter auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden. Er ordnete zudem an, die häufig angewendeten Einzelhaften zu überprüfen. Einige dieser Maßnahmen beträfen zwar nur die Bundesgefängnisse, in denen knapp 210.000 der 2,2 Millionen Menschen inhaftiert sind. Der US-Präsident erhofft sich aber von der Reform auf Bundesebene eine Signalwirkung für die Gesetze der einzelnen Staaten.

Obamas Chancen, den Kongress von seinem Vorhaben zu überzeugen, stehen gut. Es hätte sich bereits eine breite überparteiliche Koalition gebildet, gab der US-Präsident bekannt. Die Reform könnte somit noch in diesem Jahr Realität werden.

nin/mak (dpa, afp, rtr)