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Es gibt keine einfache Lösung für Syrien

Max Hofmann27. August 2013

Im Syrien-Konflikt zeichnet sich ein Eingreifen der USA ab. Doch kriegsmüde Amerikaner, eine zersplitterte syrische Opposition und das fehlende UN-Mandat lassen Präsident Obama wenig Handlungsspielraum.

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US-Präsident Barack Obama in Syracuse, New York (Foto: reuters)
Symbolbild Obama Reaktion auf Giftgaseinsatz in SyrienBild: Reuters

Als Barack Obama im Sommer 2012 erstmals von der "roten Linie" sprach, schien klar: Sollte das Assad-Regime tatsächlich von seinem großen Arsenal chemischer Waffen Gebrauch machen, würden die USA nicht tatenlos zuschauen. Rund ein Jahr später ist diese Linie offenbar überschritten, deutlich und wahrscheinlich mehrfach. Lange schien es so, als würden der Drohung des US-Präsidenten keine wirkungsvollen Taten folgen. Doch jetzt hat er kaum noch eine Wahl, vor allem nach den grauenvollen Bildern der mutmaßlichen Giftgasattacke vom 21. August.

Nur: Was wiegt schwerer? Die Gräueltaten in einem fast 10.000 Kilometer entfernten Land oder die Wünsche der Bevölkerung vor der eigenen Haustür? Neueste Umfragen belegen die Stimmung, die sich auch auf den Straßen Washingtons abzeichnet: Die Amerikaner wollen keinen neuen Krieg schultern, vor allem nicht alleine. "Ich denke, die USA müssen verantwortungsvoller mit ihrer militärischen Unterstützung umgehen und sie besser im Auge behalten, denn so wie bisher funktioniert es ganz offensichtlich nicht", sagt eine Passantin. Ein anderer ist nur für eine Intervention in Syrien, "wenn sie von den UN abgesegnet wäre, oder, wenn das nicht geht, von einer anderen Koalition."

Nationale Interessen schützen

"National Interest" ist der Begriff, den man in Washington immer wieder hört. Der Präsident hat in seinem jüngsten Interview zum Thema angekündigt, "ganz bewusst" zu handeln, "so dass wir mit unseren nationalen Interessen konform gehen und mit unserer Einschätzung, was unsere Ziele in Syrien vorantreiben kann."

Was aber sind die nationalen Interessen der USA vor Ort? Für Anthony Cordesman, renommierter Syrien-Experte beim Think Tank CSIS, haben die USA viel zu verlieren in der Region: Es gehe um Öl und um alliierte Nachbarstaaten wie Israel und Jordanien. Zudem gehe es generell um Macht und "die wirkliche Sorge, dass ein Land wie der Iran eine echte Basis in Syrien bekommen könnte."

Präsident Barack Obama (vorne links) leitet eine Sitzung des US-Sicherheitsrates (Foto: dpa)
Schwierige Entscheidung im US-SicherheitsratBild: picture-alliance/dpa

In diese Kerbe schlagen auch die außenpolitischen Schwergewichte der republikanischen Opposition. Allen voran Senator John McCain, der schon seit Wochen für ein robusteres Eingreifen der USA eintritt. Der konservative Politiker fordert "entschiedene Schritte, die das Kräfteverhältnis gegen Assad und seine Truppen umkehren können." Aber selbst McCain redet nur von "begrenzten Militäraktionen", weil auch die Republikaner wissen, dass eine Intervention wie im Irak oder Afghanistan mit der US-Bevölkerung nicht zu machen ist und am Ende vermutlich eine ähnlich schlechte Bilanz aufweisen würde.

Kein UNO Mandat und eine zersplitterte Opposition

Auch der Einsatz in Libyen taugt nur begrenzt als Vorbild. Damals stand der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hinter einer umfassenden Koalition. Die USA waren zwar militärischer Motor, aber die Initiative ging von Frankreich und Großbritannien aus. Obama hatte also genug Unterstützung, um dem imperialistischen Image der USA, das in vielen Teilen der Welt vorherrscht, keine weitere Nahrung zu liefern. Dieses Mal wird eine Resolution des Sicherheitsrates wohl ausbleiben. Russland steht fest hinter dem Assad-Regime und blockiert jegliche Initiativen. Wie ein Einsatz in Syrien von der internationalen Gemeinschaft abgesegnet werden könnte, ist unklar.

Verutlich von Giftgas getötete Tauben in Syrien (Foto: Reuters)
Giftgas tötet wahllos alles LebenBild: Reuters

Eine Lehre haben die USA aus dem Irak-Krieg gezogen: Geeinte Oppositionen sind in diesen Breitengraden die Ausnahme. Nur einen Teil der Opposition zu unterstützen - etwa die moderaten Elemente, wie es auch John McCain fordert - könnte gefährlich sein. Zwischen alawitischen Machthabern, sunnitischer Mehrheit und islamistischen Söldnern, zwischen iranischen und saudi-arabischen Waffenlieferungen und zunehmend nervöseren Nachbarstaaten wie Israel, Jordanien und der Türkei haben sich gesellschaftliche, religiöse und geopolitische Verflechtungen zu einem für Amerika kaum übersehbaren Knäuel verformt.

Auf die Frage, wen Washington unterstützen könnte, gibt es keine einfache Antwort: "Die USA müssen ein paar schwierige Entscheidungen treffen, welche der Rebellengruppen sie - wenn überhaupt! - unterstützen wollen und mit welchen Einschränkungen", sagt deshalb auch Syrien-Experte Cordesman: "Es ist sinnlos, militärisch mehr oder weniger zu gewinnen und auf der politischen Ebene zu verlieren."

Oder anders ausgedrückt: Die USA haben mit ihrer Streitmacht nicht nur das Potential, die Situation in Syrien kurzfristig zu verbessern. Sie können die Lage auch langfristig verschlechtern. Einfache Lösungen gibt es derzeit nicht für Präsident Obama.