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"Bostoner Opfer verdienen Antworten"

20. April 2013

Eine der größten Verbrecherjagden in der US-Geschichte ist zu Ende. Nach dem Bostoner Bombenanschlag konnte der zweite Terrorverdächtige lebend gefasst werden. Nun hofft eine ganze Nation auf Antworten.

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Präsident Obama spricht auf der Gedenkfeier (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Schwer verletzt liegt der 19-jährige Dschochar Zarnajew in einem Krankenhaus in Watertown, einem Vorort von Boston. Er habe viel Blut verloren, berichtet der US-Sender CNN. Nicht nur der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, hofft, dass Zarnajew überlebt: "Ich habe viele Fragen an ihn."

Das Krankenhaus ist schwer bewacht. Neben dem mutmaßlichen Täter liegen auch viele seiner Opfer in dieser Klinik. Nach CNN-Informationen hat die Polizei dem Festgenommenen bisher nicht seine Rechte vorgelesen. Das FBI wolle ihn auch ohne Anwalt vernehmen. Dies sei in besonderen Fällen möglich. Ob der Student überlebt, muss abgewartet werden.

Am Montag soll Dschochar Zarnajew gemeinsam mit seinem 26-jährigen Bruder Tamerlan den Anschlag auf den Boston-Marathon verübt haben. Drei Menschen starben, 180 weitere wurden verletzt. Dschochar hatte sich verletzt hinter einem Haus in einem abgedeckten Boot versteckt. Sein Bruder war zuvor von der Polizei erschossen worden.

Obama will Aufklärung

US-Präsident Barack Obama lobte die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Er kündigte eine lückenlose Aufklärung an. Die Familien der Opfer verdienten Antworten, sagte Obama: "Warum haben junge Männer, die hier aufgewachsen sind und studiert haben, zu so starker Gewalt gegriffen?" Die Frage hat auch eine politische Dimension, denn es ist offen, ob den beiden jungen Männern bei ihrer Tat jemand zur Seite stand. Bei der Klärung solcher Fragen gelte es aber, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, betonte der Präsident. Und man solle erst recht nicht ganze Bevölkerungsgruppen vorverurteilen.

Wer sind die beiden?

Boston: Aufklärung des Terror-Puzzles

Die Brüder, die beide in den USA studierten, kommen nach bisherigen Erkenntnissen aus Tschetschenien und wurden in Kirgistan geboren. 2002 waren sie mit ihrer Familie nach Boston gezogen. Der jüngere Bruder sei inzwischen in den USA eingebürgert, Tamerlan habe eine ständige Aufenthaltserlaubnis gehabt.

Subeidat Zarnajewa, die sich als Mutter der beiden Männer ausgab, sagte dem englischsprachigen Staatsfernsehen Russia Today, ihr Sohn Tamerlan habe sich seit etwa fünf Jahren stark für den Islam interessiert: "Aber er hat nie gesagt, dass er den Weg des Dschihads einschlagen will."

Erfolg verdeckt Pannen

Der spektakuläre und rasche Erfolg der Ermittler bei der Jagd nach den beiden mutmaßlichen Attentätern verdeckt einige Pannen. So hatte das FBI Tamerlan bereits 2011 als "radikalen Islamisten" im Visier. Eine ausländische Regierung hatte damals die USA gebeten, ihn zu überprüfen. Tamerlan habe Vorbereitungen getroffen, die USA zu verlassen, um sich ausländischen Untergrundgruppen anzuschließen, hieß es. Das FBI überprüfte ihn damals, sprach mit ihm und Familienangehörigen, fand jedoch keine Anzeichen für "terroristische Aktivitäten".

Beamte von FBI und Polizei nach der Verhaftung von Dschochar Zarnajew (Foto: reuters)
Nur mit der Hilfe eines Anwohners fand das Suchkommando den zweiten VerdächtigenBild: Reuters

Auch die Verfolgung seines 19-Jährigen Bruders verlief nicht einwandfrei: Ein Aufgebot von 9000 Polizisten wäre beinahe bei der Suche gescheitert. Erst der Hinweis eines Anwohners, der den Verdächtigen versteckt in einem Boot fand, brachte die Polizei ans Ziel. Obama, das FBI und die US-Medien schweigen über die Fahndungspanne: Das Grundstück, auf dem der 19-Jährige am Freitagabend umzingelt und nach einer Schießerei gefasst wurde, war bereits zuvor von den Ermittlern durchsucht worden - ohne Ergebnis.

nem/rb (afp, rtr, ap, dpa)