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NSU-Prozess: Gericht steht weiter unter Druck

28. März 2013

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der NSU-Morde, John, hofft auf eine Lösung im Streit um die Presseplätze beim Prozess in München. Das Gericht habe ihr zugesagt, die türkischen Medien einzubinden.

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Türkische Tageszeitung Hürriyet zum NSU Prozess (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Ich hoffe, dass das Problem gelöst werden kann", sagte Barbara John der Zeitung "Passauer Neuen Presse". "Mir wurde gesagt, dass die Zulassung der Presse nach dem üblichen vorgegebenen Verfahren gelaufen ist", fügte sie hinzu. Offensichtlich sei nicht daran gedacht worden, dass ausländische Medienvertreter nicht über die Akkreditierungsregeln in Deutschland informiert sein könnten.

"Es wäre besser gewesen, den Prozess in einen größeren Saal zu verlegen", sagte John. Diese Forderung habe sie mehrfach an das Gericht herangetragen, aber ihr sei gesagt worden, dass das nicht gehe.

Das Münchener Gericht hatte am Montag die Liste der zugelassenen Medien veröffentlicht. Große ausländische Medien etwa aus der Türkei erhalten demnach keinen der 50 garantierten Pressesitzplätze im Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer ab dem 17. April. Das im November 2011 aufgeflogene Neonazitrio "Nationalsozialistischer Untergrund" wird für eine bundesweite Mordserie an neun Migranten und einer deutschen Polizistin verantwortlich gemacht. Acht Opfer stammten aus türkischen Familien.

Mangelndes Fingerspitzengefühl

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Siegfried Kauder (CDU), verteidigte das Münchener Oberlandesgericht indes gegen die aus verschiedenen Richtung aufgekommene Kritik. "Eine Videoübertragung in einen anderen Saal hätte ein bisschen was von Schauprozess, und Public Viewing und wäre ein Verstoß gegen die Menschenwürde der Angeklagten", sagte Kauder dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Zum Ausschluss türkischer Medien von garantierten Sitzplätzen sagte er: "Ob türkisch oder nicht türkisch, danach unterscheidet die Justiz nicht."

Der Chefkorrespondent der türkischen Zeitung "Hürriyet", Ahmet Külahci, warf dem Gericht in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Zwar könne er sich vorstellen, dass das Akkreditierungsverfahren juristisch und bürokratisch nicht zu beanstanden sei. "Moralisch und ethisch ist es aber nicht zu vertreten, dass keine Medienvertreter aus der Türkei dabei sein können", sagte Külahci. Das Interesse an dem Verfahren sei in der Türkei sehr groß. "Deshalb sollte das Gericht mehr Sensibilität zeigen", sagte Külahci.

Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Wolfgang Hoffmann-Riem, sprach sich in der ARD für eine Zulassung türkischer Medien aus. Er plädierte für eine Videoübertragung in einen anderen Saal des Gerichts, um allen interessierten Journalisten die Möglichkeit zu geben, den Prozess zu verfolgen. "Ich würde dem Gerichtspräsidenten raten, dass er in sich geht und sich einen Ruck gibt", sagte Hoffmann-Riem. Dabei werde dieser feststellen, dass er eine zu rigide Regel erlassen und "nicht alles bedacht" habe.

re/ml (dpa, afp, epd)