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NSU-Prozess erneut ins Stocken geraten

8. Oktober 2015

In dem Münchener Gerichtsverfahren lassen Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben nichts unversucht. Nun verlangen die beiden Hauptangeklagten eine Aussetzung des Prozesses. Damit ginge alles von vorne los.

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Beate Zschäpe im NSU-Prozess (Foto: Anadolu Agency)
Bild: picture-alliance/AA/J. Koch

Wieder haben die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und der mitangeklagte Ralf Wohlleben für Aufsehen im NSU-Prozess gesorgt. Am Donnerstag forderten sie, das Verfahren gegen sie auszusetzen. Würde die Forderung umgesetzt, bedeutete dies, dass der Prozess von vorn begonnen werden müsste. Das Gericht traf bislang keine Entscheidung. Die eigentlich für den Prozesstag geplante Zeugenvernehmung dreier Kriminalermittler fiel aus.

Einer der drei Wohlleben-Verteidiger, Wolfram Nahrath, begründete den Vorstoß damit, dass Zschäpe keine ordnungsgemäße Verteidigung mehr habe, seit drei ihrer vier Anwälte im Juli vergeblich die Entpflichtung von ihrer Mandantin beantragt hatten. Das wirke sich auch auf die Lage von Wohlleben aus. Zschäpe ließ ihren Anwalt Mathias Grasel erklären, dass sie sich dem Antrag der Wohlleben-Verteidigung anschließe.

Angeklagte "torpedieren das Verfahren"

Die Bundesanwaltschaft widersprach der Darstellung Nahraths. Zschäpe werde nach wie vor "adäquat verteidigt", erklärte Staatsanwalt Jochen Weingarten. Das gestörte Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm kommentierte er mit den Worten, es sei "absurd" und ergänzte: "Die Angeklagte könnte durch ihr Kommunikationsverhalten das Verfahren torpedieren."

Ralf Wohlleben im NSU-Prozess (Foto: Anadolu Agency)
Ralf Wohlleben soll dem Terror-Trio seine Mordwaffe beschafft habenBild: picture-alliance/AA/J. Koch

Mehrere Anwälte von Opfern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) verwiesen zudem darauf, dass ihre Mandanten im Fall eines Neustarts erneut als Zeugen aussagen müssten. Das könne die Betroffenen erheblich belasten. In vergleichbaren Fällen habe das Bundesverfassungsgericht ebenso entschieden, erklärten die Anwälte.

Nicht-existierende Nebenklägerin

Wohllebens Anwalt Nahrath forderte außerdem eine dienstliche Erklärung des Gerichts über die Zulassung eines nicht existierenden NSU-Opfers als Nebenklägerin in dem Prozess. Am vergangenen Freitag hatte sich herausgestellt, dass eine Frau mit dem Namen Meral Keskin als Nebenklägerin im Prozess zugelassen wurde, die es offensichtlich gar nicht gibt.

Weiterhin beantragte Nahrath, den Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufzuheben. Seit fast vier Jahren sind Zschäpe und Wohlleben bereits inhaftiert. Zschäpe ist wegen mutmaßlicher Mittäterschaft an den Verbrechen der Zwickauer Terrorzelle angeklagt. Vor Gericht soll sie sich für eine Serie von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen verantworten. Wohlleben wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen, weil er die Pistole beschafft haben soll, die bei neun der zehn NSU-Morde verwendet wurde.

nin/djo (dpa)