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NSA speichert 300 Berichte zu Merkel

29. März 2014

Neue Dokumente zu den Praktiken des US-Geheimdienstes belegen, wie systematisch die NSA Politiker ausforschte. Die Kanzlerin - als Spionageziel erfasst - wird unter A für Angela in einer speziellen Datenbank geführt.

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Bundeskanzlerin Merkel (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der US-Geheimdienst NSA hat nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" mehr als 120 Staats- und Regierungschefs offiziell als Spionageziele definiert, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Allein über die Kanzlerin seien mehr als 300 Berichte in einer besonderen Datenbank gespeichert worden, erklärt das Magazin. "Der Spiegel" konnte nach eigenen Angaben ein entsprechendes, streng geheimes NSA-Dokument aus den Beständen des früheren Geheimdienstmannes Edward Snowden einsehen.

Berichte über 122 Staats- und Regierungschefs

Danach listet das Dokument allem Anschein nach alphabetisch 122 Staats- und Regierungschefs auf, über die die NSA im Mai 2009 Informationen sammelte. Zwölf Namen werden exemplarisch aufgeführt, darunter der der deutschen Kanzlerin. Die Liste beginnt mit "A" für Abdullah Badawi, dem seinerzeit gerade zurückgetretenen malaysischen Ministerpräsidenten, und führt die Präsidenten von Peru, Somalia, Guatemala, Kolumbien ebenso auf wie den Weißrussen Alexander Lukaschenko. Merkel ist unter "A" für Angela an Position neun gelistet, hinter dem damaligen malischen Präsidenten Amadou Toumani Touré und vor dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad.

Der letzte Name auf der Liste, Nummer 122, ist Julia Timoschenko, die damals noch ukrainische Regierungschefin war und von der NSA mit "Y" geschrieben wird. Die Datenbank diene dazu, "über Zielpersonen Informationen zu finden, die sonst schwer aufzufinden seien", heißt es weiter.

Beweisstück für die Bundesanwaltschaft?

Das Dokument belege - so "Der Spiegel" - dass die National Security Agency nachrichtendienstliche Erkenntnisse über die Kanzlerin gesammelt habe, und könnte damit ein wichtiges Beweisstück für die Bundesanwaltschaft sein. Die Karlsruher Behörde will in Kürze entscheiden, ob sie ein Ermittlungsverfahren wegen Spionage einleitet.

Die Bundesanwaltschaft beschäftigt sich mit zwei Vorwürfen: Der eine betrifft das massenhafte Ausspähen der Bürger in Deutschland. Der andere den konkreten Punkt, dass ein Mobiltelefon Merkels abgehört wurde. Sollte tatsächlich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, erwarten Experten neue diplomatische Misstöne im Verhältnis zu den USA.

Im vergangenen Herbst sorgten Enthüllungen für Aufsehen, wonach die NSA weltweit Telefongespräche führender Politiker angezapft hatte, darunter eben auch die der Kanzlerin. US-Präsident Barack Obama verbot daraufhin Anfang des Jahres den US-Geheimdiensten, Merkel abzuhören. Die Affäre führte zu erheblichen Verstimmungen zwischen beiden Regierungen.

NSA kann alle Telefonate eines Landes speichern

Weiteres geheimes Dokument

Das Magazin berichtet auch über ein weiteres Dokument aus der NSA-Abteilung "Special Sources Operations", die für den Zugang zu den großen Internet-Datentrassen zuständig sei. Daraus gehe hervor, dass das für NSA-Anträge zuständige US-Sondergericht den Geheimdienst am 7. März 2013 autorisiert habe, Deutschland zu überwachen. Welche Daten davon genau betroffen seien, lasse sich anhand des Dokumentes nicht sagen.

"Der Spiegel" verweist auf die Einschätzung der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation Aclu. Diese geht demnach davon aus, dass dem US-Geheimdienst damit der Zugriff auf die Kommunikation aller deutschen Staatsbürger erlaubt ist.

se/wl (spiegel, dpa, rtr, afp)