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NSA: Aufklärung im Schneckentempo

Bernd Gräßler8. Juli 2013

Bei den Ausspäh-Vorwürfen gegen den US-Geheimdienst NSA tappt die Bundesregierung angeblich noch im Dunkeln. Die Sachaufklärung beginne erst jetzt, erklärte Merkels Sprecher. Mittlerweile wird auch der BND verdächtigt.

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Blick auf den Neubau der BND-Zentrale an der Chausseestrasse in Berlin Mitte. Foto: Archiv
Bild: imago/PEMAX

Trotz intensiver Befragung gab sich Regierungssprecher Steffen Seibert vor Journalisten in Berlin zugeknöpft. Der Bundesnachrichtendienst (BND, im Bild der Neubau der Zentrale in Berlin) kooperiere seit Jahrzehnten auch mit der National Security Agency (NSA), doch dies erfolge nach Recht und Gesetz und werde durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKG) überwacht. Neue Erkenntnisse gebe es nicht, sagte Seibert mehr als vier Wochen nach Bekanntwerden des US-Spähprogramms "Prism". Aber man sei jetzt im Prozess der Sachaufklärung. Dazu gebe es in dieser Woche in Washington Gespräche zwischen deutschen und  EU-Experten auf der einen und US-Beamten auf der anderen Seite. Ende der Woche werde Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zu Gesprächen in die USA reisen. Allerdings gibt es bislang keine Antwort aus Washington auf besorgte Briefe von Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an ihre Amtskollegen wegen des Spähprogramms.

Enge Zusammenarbeit von NSA und BND?

Seiberts Beteuerung, die deutschen Geheimdienste agierten nach Recht und Gesetz, ist die regierungsamtliche Antwort auf den Vorwurf des Enthüllers Edward Snowden, die NSA stecke "unter einer Decke mit den Deutschen, genauso wie mit den meisten anderen westlichen Staaten". Dies hatte Snowden in einem Interview gesagt, das in der neuesten Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" erscheint. Er verwickelte damit die deutschen Geheimdienste in die massive Ausspähung von weltweiten Datenströmen.

Deutsche Gesetze ausgehebelt?

Die oppositionellen Sozialdemokraten und Grünen sind  – zumal mitten im Wahlkampf -  eher geneigt, Snowden zu glauben als der Regierung. Die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, will wissen, ob die deutschen Geheimdienste von den US-Kollegen Informationen über deutsche Staatsbürger geliefert bekommen, die sie selber nicht erheben dürfen: "Oder anders ausgedrückt: Werden unter Deckung des Bundeskanzleramtes deutsche Gesetze ausgehebelt?" 

Auf die Journalistenfrage, ob es Vereinbarungen zwischen Deutschland und den USA gebe, die es der NSA gestatten, massenhaft Daten in Deutschland abzufangen, wiederholte Regierungssprecher Seibert in Berlin lediglich: Die langjährige Zusammenarbeit zwischen BND und NSA erfolge "streng nach Recht und Gesetz" .

Nach Angaben des Nachrichtenmagazins " Der Spiegel" untersucht das für die Spionageabwehr zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) derzeit, ob die NSA Zugriff auf den Internetverkehr nimmt, der durch Deutschland geht. Es gebe bislang keine Erkenntnisse, dass Internet-Knotenpunkte in Deutschland durch die NSA ausspioniert würden, zitiert "Der Spiegel" den Präsidenten des BfV, Hans-Georg Maaßen.

Wirtschaftsverhandlungen überschattet

Die Spähvorwürfe gegen die NSA überschatten den Start der Verhandlungen über eine gemeinsame Freihandelszone zwischen der EU und den USA. Die NSA soll angeblich auch EU-Vertretungen in Washington und Brüssel ausgespäht haben. Deutsche Politiker verwiesen am Montag zum Auftakt der Handelsgespräche auf die wirtschaftliche Bedeutung der Freihandelszone, forderten aber Aufklärung durch die Amerikaner bei den Datenschutzfragen.

Die Vorsitzende der oppositionellen Grünen, Claudia Roth, sagte: "Wie will man denn, bitteschön, Verhandlungen führen, wenn die andere Seite genau weiß, mit welchen Positionen man in die Verhandlungen geht? Aus unserer Sicht kann man die Verhandlungen nicht beginnen". Vorher müssten die Datenschutz-Fragen geklärt werden, fordern die Grünen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält aber, bei aller Enttäuschung über das Vorgehen der Amerikaner, ein Aussetzen der Verhandlungen für das falsche Signal. "Das Abkommen liegt im Interesse Europas und im besonderen Sinne Deutschlands", sagte Rösler.

Die EU hat die Verhandlungen an gleichzeitige Gespräche zur Klärung der Spionagevorwürfe geknüpft. Arbeitsgruppen mit Geheimdienstexperten aus den USA und der EU sollen nun ebenfalls diese Woche  ihre Beratungen aufnehmen.