1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ebola-Angst und Wiederaufforstungspläne

Esther Felden1. April 2015

Monatelang gab es in Nordkorea keine Touristen mehr. Grund: die strenge Ebola-Quarantäne des Landes. Jetzt konnte eine Delegation der Naumann-Stiftung einreisen. Lars-André Richter schildert seine Eindrücke.

https://p.dw.com/p/1F0tN
Lars-André Richter (rechts), Landesvertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung im März 2015 bei einem Besuch in Nordkorea. Links im Bild zu sehen FDP-Schatzmeister Manfred Richer (Foto: Friedrich-Naumann-Stiftung)
Bild: Friedrich-Naumann-Stiftung

Deutsche Welle: Herr Richter, Sie waren Teil einer der ersten ausländischen Delegationen, die nach der Ebola-Quarantäne wieder nach Nordkorea einreisen durfte. Wie kompliziert war es - verglichen mit früheren Besuchen -, das Visum zu bekommen?

Lars-André Richter: Überraschenderweise war das eigentlich gar nicht so schwer. Die Bestätigung für diese für Ende März geplante Reise hatten wir bereits im Januar bekommen. Daraus habe ich damals geschlussfolgert, dass die Ebola-Quarantäne-Maßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt wohl aufgehoben sein würden. Das wurde dann zwar lange hinausgezögert, so dass die Reise von unserer Seite aus zwar geplant, die Tickets aber erst sehr spät gebucht werden konnten.

Letztendlich hat aber doch alles geklappt. Als wir dann im Land waren, haben wir von den Maßnahmen, die ja nur gelockert und noch nicht aufgehoben sind, allerdings nichts mehr mitbekommen. Wir mussten weder Fieber messen noch wurden wir ärztlich behandelt. Man hat uns mit dem Thema vor Ort nicht weiter konfrontiert.

Welchen Anlass hatte Ihre Reise?

Wir waren wie üblich mit einem Fachprogramm dort. In der Regel veranstalten wir Programme zum übergeordneten Thema "Kommunaler und regionaler Strukturwandel". Dieses Mal lag der Schwerpunkt auf der Tourismusindustrie und der Frage: Wie kann man eine Region mit einer alten Industrie, mit Schwerindustrie, umgestalten und attraktiv machen für Touristen?

Das ist ein Thema, das die Nordkoreaner schon seit längerem interessiert. Wir finden es auch interessant, denn Tourismus bedeutet ja auch Austausch und Kontakt mit anderen. Diese Idee haben wir aufgegriffen und in Pjöngjang ein anderthalbtägiges Seminar mit 60 Teilnehmern veranstaltet.

Wie groß ist das Interesse von nordkoreanischer Seite und wie kommen westliche Tourismus-Ideen insgesamt an?

Tourismus an sich ist ja schon sehr lange möglich. Wenn ich davon erzähle, sind meine Gesprächspartner oft ganz überrascht, dass so etwas überhaupt geht. Das ist aber schon seit etwa 30 Jahren möglich. Es gibt Tourismusagenturen, britische beispielsweise mit Sitz in China, die sich genau darauf spezialisiert haben. Es sind 90 Minuten Flugweg von Peking nach Pjöngjang.
Und auch die nordkoreanische Seite hat generell ein Interesse am Tourismus. Ob nun an bestimmten Formen oder Modellen des westlichen Tourismus, das lässt sich noch schwer sagen. Aber das grundsätzliche Interesse besteht. Es ist ja auch eine Möglichkeit, um an Devisen zu kommen..

Kann man beziffern, wie groß der durch die Ebola-Quarantäne entstandene finanzielle Verlust war?

Genau sagen kann ich das nicht, aber es muss schon spürbar gewesen sein. Man konnte eigentlich viereinhalb Monate nicht ins Land hinein. Die Maßnahmen sind Ende Oktober eingeführt worden und galten bis Mitte März. In dieser Zeit dürfte der Tourismus komplett zum Erliegen gekommen sein, weil sich niemand bei einer Reise, die ohnehin nur eine Woche oder vielleicht zehn Tage dauert, 21 Tage in Quarantäne begibt. Das war für die Anbieter, die sich wirklich auf Nordkorea spezialisiert haben, natürlich wirtschaftlich ein Problem.

Aber auch für die nordkoreanische Seite müssen die Auswirkungen spürbar gewesen sein. Es war zwar jetzt Winter – aber Nordkorea setzt ja auch auf Wintersport- und Ski-Touristen. Im vergangenen Jahr ging dieses Thema durch die Presse, als die Schweiz eigentlich eine Skiliftanlage liefern sollte und dann nicht geliefert hat. Es gibt ein Skigebiet im Südosten des Landes, in Masik-Ryong nahe der Hafenstadt Wonsan. Dort dürfte es - wenn überhaupt - nur zu inländischem Tourismus gekommen sein. Die ausländischen Touristen, die man dort anlocken wollte, dürften komplett ausgeblieben sein. Und das wird die nordkoreanische Wirtschaft zu spüren bekommen haben.

Was haben Sie auf Ihrer Reise konkret besucht?

Das Seminar selbst fand in Pjöngjang statt. Dort, wo man als Tourist auch seine Touren beginnt. Und dann waren wir in Wonsan, etwa dreieinhalb Stunden Autofahrt entfernt. Wonsan verfügt über einen Strand, an dem touristisch einiges passieren soll. Und in der Nähe gibt es auch das sogenannte Diamantgebirge, das Kumgangsan.

Dieses Gebirge war früher auch einmal ein Tourismusziel für Sürdkoreaner. Im Zuge der Sonnenscheinpolitik war der Tourismus in diesem Gebirge eine Zeitlang ein gemeinsam betriebenes Projekt von Nord- und Südkorea. Das konnte man von Südkorea im Rahmen einer organisierten Tour besuchen. Seit 2008 geht das aber nicht mehr. Damals gab es einen Zwischenfall (eine südkoreanische Touristin war während des Ausflugs in militärisches Sperrgebiet eingedrungen und von nordkoreanischen Soldaten erschossen worden, Anm. d. Red.), und daraufhin hat Südkorea diese Reiseaktivitäten gestoppt.
Die Region ist aber landschaftlich sehr beeindruckend. Das hat Nordkorea längst erkannt und möchte das Gebiet für den Tourismus erschließen, vor allem für Wandertourismus.

Wie würden Sie die Stimmung im Land insgesamt beschreiben - auch verglichen mit früheren Besuchen im Land?

Was mir aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass das Thema Wiederaufforstung allgegenwärtig ist. Natürlich ist jetzt Winter und man braucht Brennholz. Es ist also ein wiederkehrendes Thema, das ich seit drei Jahren bei meinen Besuchen im März erlebe. Dieses Mal war es aber massiv, es war Thema in den meisten Gesprächen, die wir geführt haben. Es gibt so eine Art "Zehn-Jahres-Plan" auf Initiative Kim Jong Uns. Innerhalb von zehn Jahren soll Nordkorea wieder aufgeforstet sein.
Im Moment ist niederschlagsarme Zeit, die Flüsse führen relativ wenig Wasser, soweit ich das nach meinen Eindrücken beurteilen kann. Und Wasser ist wichtig, weil eben viel Energie aus Wasserkraft gewonnen wird. Das bedeutet, man hat es hier mit einem Teufelskreis zu tun: kein Wasser, keine Energie, steigender Bedarf an Brennholz zum Heizen. Das ist im Moment das große Thema in Nordkorea. Und deshalb sollen alle in die Wiederaufforstung eingespannt werden.

Lars-André Richter ist Landesvertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Seoul.