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Die mit den Stöcken tanzen

8. Mai 2009

Jahrhundertelang bewegen sich die Menschen nun schon fort. Erst eher waagerecht, dann irgendwann senkrecht und jetzt: Mit Stöcken! Immer mehr Homo sapiens versuchen sich beim seltsam anmutenden Nordic Walking.

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Eine Gruppe Frauen beim Nordic Walking-Einsatz im Wald (Foto: Benjamin Wüst)
Auf die Stöcke, fertig, los: Trendsport Nordic WalkingBild: DW

Oft sind sie in Gruppen unterwegs und versperren ganze Waldwege. Hunde fürchten sich und trauen sich nicht mehr in den Wald. Besorgte Eltern nehmen ihre Kinder an die Hand. Immer mehr Menschen - so der subjektive Eindruck - fuchteln seltsam bis unkontrolliert mit Stöcken herum und laufen dazu im Takt. Gefahrloses Spazierengehen, Joggen oder gar Fahrradfahren ist kaum noch möglich.

Die sich stark ausbreitende Spezies nennt sich Nordic Walker. Der Sport, nichts anderes soll es ein, stammt aus Finnland, hieß 1930 noch Stockgang und war das Sommertraining der Langläufer. Seit den 90er-Jahren hat das Laufen mit Stock Einzug in den Freizeitsport erhalten.

Aber warum ist Nordic Walking so beliebt? Die Antwort gibt es wohl nur beim Selbstversuch unter professioneller Anleitung.

Zwischen Joggen und Spazierengehen

Dehnübung: Heidi Wiens zieht das Bein an (Foto: Benjamin Wüst)
Heidi Wiens zeigt, wie man sich richtig dehntBild: DW

Also schnell die kurze Hose und die Turnschuhe an, mit Stöcken bewaffnen und raus in die Natur - in diesem Fall nach Meckenheim bei Bonn. Heidi Wiens ist Nordic Walking-Übungsleiterin beim VfG Meckenheim. Sie weiß, wie es geht: "Stöcke nah am Körper führen, Arme im 90-Grad-Winkel schwingen. Der rechte Stock hat immer dann Bodenberührung, wenn die linke Ferse aufsetzt, der linke, wenn die rechte Ferse aufsetzt." Gar nicht so einfach.

"Ihre Schuhe sind natürlich überholungsbedürftig, da brauchen sie einfach eine besser gedämpfte Sohle", empfiehlt Wiens. Rechts, links, rechts - so langsam klappt es. "Beim Nach-hinten-Schwingen der Stöcke die Hände öffnen." Alles klar.

Nach 15 Minuten Nordic Walking die erste Erkenntnis: Ins Schwitzen kommt man nicht. Wer sich richtig auspowern und verausgaben will, wird enttäuscht. Nordic Walking ist langsamer als Joggen, aber schneller als Spazierengehen. Böse Zungen behaupten, es sei ein Oma-Sport.

Heidi Wiens kennt diesen Spott und kann mit ihm umgehen: "Also unter Oma-Sport stelle ich mir jemanden vor, der mit etwas größerem Gewicht zuhause vor seinem Strickstrumpf sitzt und sich kaum noch bewegt. "Schauen sie doch mal", sagt die 62-Jährige und zeigt mit dem Stock auf ihre Walking-Gruppe. "Ich glaube nicht, dass eine Oma so laufen würde."

Ausdauertraining ohne Überlastungsgefahr

Nordic Walking-Gruppe redet und lacht beim walken (Foto: benjamin Wüst)
Trotz Anstrengung: Beim Nordic Walking bleibt Zeit zum LachenBild: DW

"Es ist eine sanfte Ausdauertrainingsform mit geringer Überlastungsgefahr", heißt es auf einer Nordic-Walking-Homepage. Ein Gesundheitssport, bei dem die Gelenke geschont, das Herz-Kreislaufsystem und die Muskeln aber trotzdem beansprucht werden. "Wir haben beim Nordic Walking viel mehr Muskeln, die involviert sind, als beim normalen Gehen oder Walken. Der ganze Schulter-Nacken-Bereich wird beispielsweise beansprucht", erklärt Wiens.

Das sei genau das Richtige für viele Menschen zwischen 40 und 75 Jahren, die nicht mehr joggen können, weil sie Probleme mit ihren Gelenken haben oder es ihnen schlicht zu anstrengend ist.

"Viele von ihnen würden sonst zuhause auf dem Sofa sitzen. Das Nordic Walking hat gerade in den Köpfen der Älteren viel gebracht, die sagen jetzt: Mensch, das kann ich doch auch", weiß Wiens und ist jetzt doch etwas außer Atem.

Also dann noch einmal: Stöcke nah am Körper führen, Arme schwingen im 90-Grad-Winkel, Füße hüftbreit aufsetzen - und vor allem den Schwung mit den Stöcken nicht vergessen. Geht doch.

Autor: Benjamin Wüst

Redaktion: Kay-Alexander Scholz