Noch keine Klarheit nach Serbien-Wahl
7. Mai 2012Die Ergebnisse der serbischen Präsidenten- und Parlamentswahl vom Sonntag kamen nur langsam. Fast einen ganzen Tag brauchte die staatliche Wahlkommission zur Bekanntgabe der Zahlen. Aber auch vorher schon war klar: Die Sozialisten des ehemaligen Machthabers Slobodan Milosevic sind in Serbien zum Königsmacher bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen avanciert. Der Parteivorsitzende Ivica Dacic kündigte am Montag sogar an, er werde der nächste Ministerpräsident des Landes. Nach der Verdoppelung des Stimmanteils würden die Sozialisten nicht zum Nulltarif als Partner zu haben seien.
Dabei kam seine Partei bei der Parlamentswahl mit 44 Sitzen nur auf Rang drei. Stärkste Kraft wurde die nationalistische Fortschrittspartei (SPS) von Oppositionsführer Tomislav Nikolic (Foto oben) - mit 73 Sitzen vor der regierenden prowestlichen Demokratischen Partei (DS) mit 67 Mandaten. Beobachter gehen davon aus, dass Sozialistenchef Dacic die Koalition mit der Demokratischen Partei von Präsident Boris Tadic fortsetzen will. Auch zwei der drei kleineren Parteien unterstützen eher den Kurs des bisherigen Amtsinhabers. Ein Dritter im Bunde wird notwendig sein zur Mehrheit im Parlament mit seinen 250 Mandaten.
Stichwahl am 20. Mai
Im Kampf um das Präsidentenamt treffen Amtsinhaber Tadic und der rechtspopulistische Nikolic aufeinander - in einer Stichwahl am 20. Mai. Tadic von der DS kam am Sonntag nach dem offiziellen Ergebnis auf 25,3 Prozent, sein nationalistischer Herausforderer Nikolic auf 25,0 Prozent. Beobachter erwarteten, dass die Sozialisten zunächst das Ergebnis der Stichwahl in zwei Wochen abwarten, bevor sie über eine Regierungskoalition entscheiden.
Tadic, der seit 2004 Staatschef ist, bewirbt sich um eine dritte und letzte Amtszeit. Nikolic und Tadic standen sich bereits bei den Präsidentschaftswahlen 2004 und 2008 in Stichwahlen gegenüber.
Für Beitritt in die EU
Ebenso wie Tadic und Nikolic befürwortet auch Sozialistenchef Dacic einen Beitritt Serbiens zur EU. Die Sozialisten der SPS waren bisher gemeinsam mit der Demokratischen Partei in der Regierung. Sie unterstützten dabei neben der EU-Integration auch die die Versöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern auf dem Balkan.
Der Wahlkampf in Serbien war erstmals seit Jahrzehnten nicht vom Balkan-Konflikt geprägt, sondern von Wirtschaftsthemen: Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert, die Arbeitslosigkeit liegt nach offiziellen Angaben bei 24 Prozent. Nikolic und seine nationalistische Partei profitierten vor allem von dem wachsenden Unmut des Bevölkerungsanteils, der von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffen wurde.
hp/ml (dapd, rtr, afp, dpa)