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Noch kein Schuldenerlass für die dritte Welt

17. April 2005

Im Februar hatten die G7, der IWF und die Weltbank den ärmsten Ländern einen 100-prozentigen Schuldenerlass in Aussicht gestellt. Das scheint nun Schnee von gestern zu sein, der von aktuellen Sorgen überdeckt wird.

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Proteste beim G7-Finanzministertreffen in WashingtonBild: AP

Die reichen Industrieländer haben sich bei der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank noch nicht auf einen weiteren Schuldenerlass für die ärmsten Länder geeinigt. Konkrete Zusagen seien aber beim G8-Gipfeltreffen im Juli 2005 in Schottland zu erwarten, sagte der britische Schatzkanzler Gordon Brown in Washington. "Wir sind uns einig, dass ein weiterer und umfassenderer Schuldenerlass nötig ist, um die ärmsten Länder ein für alle Mal aus der Armutsfalle zu holen", sagte Brown.

Entwicklungsgruppen zeigten sich tief enttäuscht. "Bis die Finanzminister der reichsten Länder wieder zusammenkommen, sind weitere zwei Millionen Kinder gestorben", mahnte Max Lawson von Oxfam International.

Kerosin-Steuer oder totaler Schuldenerlass?

Nach den Worten von Brown war die Weltgemeinschaft sich nie so einig wie in Washington, dass zur Finanzierung des Kampfes gegen die weltweite Armut neue Finanzmittel nötig seien. Dafür müssten innovative Finanzierungsmodelle gefunden werden, verlangte der deutsche Bundesfinanzminister Hans Eichel. "Der Einsatz von Haushaltsmitteln ist keine praktikable Lösung." Eichel setzte sich für eine Steuer auf Kerosin oder Flugtickets ein. So etwas lasse sich mit einem Vorlauf von sechs Monaten

einführen. "Das ist nur eine Frage des politischen Willens", sagte Eichel. Es müsse aber europaweit Einigkeit geben, weil eine solche Maßnahme ansonsten den Wettbewerb verzerre.

Die USA setzen sich für einen 100-prozentigen Schuldenerlass ein. Das lehnt die Bundesregierung ab. "Hundertprozentiger Schuldenerlass würde die Weltbank austrocknen", sagte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in Washington. Die Weltbank finanziert neue Kredite aus den zurückfließenden Geldmitteln. Bei jedem Land müsse einzeln entschieden werden, wieviel Schulden zumutbar seien, sagte Eichel. "Ein höherer Schuldenerlass muss an Bedingungen geknüpft werden. Gute Regierungsführung ist ein wichtiger Maßstab."

G7-Treffen in Washington
Die G7-Finanzminister (von links nach rechts): Thierry Breton/Frankreich, Ralph Goodale/Kanada, Sadakazu Tanigaki/Japan, Gordon Brown/UK, John Snow/USA, Hans Eichel/Deutschland, Domenico Siniscalco/ItalienBild: AP

Sorge über Ölpreise

Nach dem scharfen Einbruch der Aktienkurse haben die G7-Finanzminister eindringlich vor den Gefahren durch hohen Ölpreise und globale Ungleichgewichte gewarnt. Die starken Preisschwankungen und die Schieflage mit Rekord-Defiziten in den USA und massiven Überschüssen in Asien seien ein Konjunkturrisiko, stellten die Minister fest. Sie versprachen "energische Maßnahmen", um die Probleme anzugehen. "Öl ist das größte Konjunktur-Risiko", sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel.

Bei der anschließenden Frühjahrstagung des IWF und der Weltbank forderten die anwesenden Finanzminister, alle Hürden für die Investition in neue Förder- und Raffineriekapazitäten zu beseitigen. Zudem müsse durch bessere Ölmarktdaten mehr Transparenz geschaffen werden, um Preisspekulationen den Boden zu entziehen.

Die Rekorddefizite in der US-Leistungsbilanz und im Haushalt könnten zu scharfen Währungsanpassungen und Zinserhöhungen führen, warnte der IWF-Ausschuss. Die Finanzierung laufe noch reibungslos, sagte Eichel, könne aber nicht endlos von ausländischen Notenbanken getragen werden. Die USA müssten ihre Sparrate erhöhen. Die G7-Minister aus den USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien forderten eine Flexibilisierung der Wechselkurse in Asien.

USA kritisiert China

Washington wirft China vor, seine Exporte durch die Dollarbindung künstlich billig zu halten und den US-Markt unfair mit Waren zu überschwemmen. Die Unterbewertung der chinesischen Währung wird auf bis zu 40 Prozent geschätzt. Der Handel mit China machte 2004 ein Viertel des US-Handelsdefizits von rund 620 Milliarden Dollar aus. China müsse jetzt handeln, verlangte US-Finanzminister John Snow. Der chinesische Finanzminister, der bei den vergangenen beiden G7-Treffen war, hatte eine Einladung nach Washington ausgeschlagen. (kas)