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"No se preocupe" – Kein Grund zur Aufregung

Ellen Schuster19. Dezember 2001

Die Euro-Einführung ist eine schwierige und ernste Sache. Die Spanier können dem Euro ruhig entgegensehen. Der Chef der spanischen Nationalbank Jaime Caruana gilt als effizienter, aber etwas humorloser Manager.

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In diesem Gebäude wird die Euro-Einführung in Spanien organisiertBild: AP

"Wenn man als Schiffsbrüchiger mit Jaime Caruana auf einer einsamen Insel landet", schrieb einmal die Tageszeitung El Mundo, "gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Langeweile oder Rettung."

Glücklicherweise, so hieß es in der Zeitung weiter, sei sie zweite Alternative die wahrscheinlichere. Zwar könne sich niemand daran erinnern, dass der Präsident der spanischen Notenbank, der Banco de España, jemals einen Witz erzählt habe. Für eines sei er aber immer gut – nämlich für brillante Einfälle und deren zügige Umsetzung.

Effizienter Manager und Pragmatiker

Der Valencianer Caruana steht seit Juli 2000 dem Banco de España vor. In dieser Zeit hat sich der Volkswirt und Ingenieur für Telekommunikationswissenschaften einen blendenden Ruf erworben. Gleichermaßen anerkannt bei Parteien, Gewerkschaften und Banken, etablierte er in kürzester Zeit seinen eigenen Stil. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Luis Ángel Rojo, der Generationen spanischer Finanzexperten geprägt hat, tummelt sich der 49-Jährige eher selten auf Tagungen und in Hörsälen. Er gilt als effizienter Manager, der nicht eher ruht, bis er seine selbst gesteckten Ziele auch erreicht hat. Auch soll er sich seine Unabhängigkeit trotz einer gewissen Nähe zur Regierung weitgehend erhalten haben. Höfischer Glanz sei dem Pragmatiker dagegen ein Gräuel, berichtet der Journalist Inigo de Barron. Nach einer Anekdote hat Caruana schon an seinem ersten Arbeitstag seine Sekretärinnen aus ihrem angestammten Vorzimmer verbannt, um es daraufhin selber zu beziehen. Die Begründung: Das prächtig ausgestattete Arbeitszimmer seiner Vorgänger beeinträchtige seine Konzentration.

Internationale Ausrichtung der Bank

Als Caruanas größte Leistung gilt, dass es ihm gelungen ist, die Bank nach außen zu öffnen. Besonders wichtig ist ihm eine enge Kooperation mit den lateinamerikanischen Zentralbanken und eine starke Einbindung in das Netz der internationalen Finanzorganisationen: "Dort werden Dinge besprochen und beschlossen, die von größter Bedeutung für die spanischen Interessen sind." Der Einführung des Euro sieht Caruana gelassen entgegen: "No se preocupe – kein Grund zur Sorge", antwortet er auf Fragen, ob denn Spanien ausreichend auf die Einführung des neuen Bargeldes vorbereitet sei. Und tatsächlich liegt das Land bei den Euro-Vorbereitungen gut in der Zeit. Dazu beigetragen hat sicherlich die Informationsarbeit von Caruanas Notenbank. Die hat eigens eine Gesellschaft zur Einführung des Euro gegründet, um vor allem Kinder und alte Menschen über das neue Geld zu informieren.

"Dinero negro" kommt wieder in Umlauf

Andere sind bereits bestens informiert, wie die rasant gestiegene Nachfrage nach Immobilien, Schmuck und Autos in den vergangenen Wochen gezeigt hat. In spanischen Haushalten sollen nämlich Bargeldreserven von über 42 Milliarden Mark lagern. Der größte Teil des "dinero negro", des Schwarzgeldes stammt aus Immobilienverkäufen, bei denen in Spanien traditionell ein Teil der Verkaufssumme stillschweigend in bar über den Tisch geht. "Das ganze Geld kommt bei Immobilien- und Autokäufen wieder in Umlauf", freut sich Jaime Caruana. Vielen Spaniern wird die Umstellung auf den Euro trotzdem nicht leicht fallen. Denn während sich die Deutschen mit der Faustformel "Ein Euro sind ungefähr zwei Mark" behelfen können, müssen sich die Spanier daran gewöhnen, dass ein Euro demnächst soviel wert ist wie einst 166 Pesetas. Vorbildlich gelöst hat diese Rechenaufgabe übrigens schon die baskische Terrororganisation ETA: Statt der früher üblichen fünf bis zehn Millionen Peseten erpresst sie von den Unternehmern schon seit geraumer Zeit eine sogenannte Revolutionssteuer von 30.000 bis 60.000 Euro.