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Niederlage für Hausgeburten-Befürworter

15. November 2016

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilt, dass staatliche Behörden Hausgeburten nicht unterstützen müssen. Geklagt hatten zwei Tschechinnen, denen es nicht möglich war, Hebammen zu finden.

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Deutschland Hausgeburt Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa/M. Brichta

Befürworter von Hausgeburten haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine Niederlage erlitten. Die Richter bekräftigten in dem veröffentlichten Urteil, dass staatliche Behörden Entbindungen in den eigenen vier Wänden nicht unterstützen müssen. Es gebe in dieser komplexen Frage "keinen europaweiten Konsens", erklärten die Richter und betonten den Ermessensspielraum der Einzelstaaten. Geklagt hatten zwei Frauen aus Tschechien, denen ein Gesetz Hausgeburten mit Hebammenunterstützung praktisch unmöglich machte. 

Weil das tschechische Gesundheitssystem für die Kosten einer Hebamme nicht aufkommen wollte, war eine der Frauen auf sich gestellt und brachte zwei Kinder nur mit der Hilfe ihres Mannes zur Welt - ganz ohne geschultes Personal. Doch lieber hätte sie professionelle Hilfe zur Seite gehabt. Die andere Frau brachte ihr Kind notgedrungen im Krankenhaus zur Welt, weil sie keine Hebamme finden konnte.

Genehmigung der Gesundheitsbehörden kaum zu beschaffen

Zwar sind Hausgeburten in Tschechien nicht gesetzlich verboten. Doch brauchen Hebammen eine Genehmigung der Gesundheitsbehörden, die nach Angaben der Betroffenen kaum zu beschaffen ist. Bei Nichteinhaltung drohen seit zwei Jahren empfindliche Strafen. Die Richter sahen darin aber keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Sie riefen die Regierung in Prag aber auf, die Bedingungen auf den Entbindungsstationen dem medizinischen Fortschritt anzupassen. 

Sichere Zahlen, wie viele Hausgeburten in Tschechien stattfinden, gibt es nicht. Beim europäischen Spitzenreiter, den Niederlanden, kommt jedes dritte Baby zu Hause zur Welt. In Deutschland sind es weniger als zwei Prozent der Kinder. Zwar werden dort die Kosten von den Krankenkassen übernommen, vielen freiberuflichen Hebammen bereiten die seit Jahren steigenden Beiträge zur Haftpflichtversicherung jedoch Probleme. 

Mögliche Risiken bei Hausgeburten kontrovers diskutiert

Seit Jahren wird kontrovers diskutiert, ob das Komplikationsrisiko bei einer Hausgeburt höher ist als bei einer Klinikentbindung. Internationale Studien über die Sicherheit von Hausgeburten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sieht größtmögliche Sicherheit für Mutter und Kind ausschließlich in einer Geburtsklinik für gegeben an. Nur dort könne auf unvorhersehbare Notsituationen sofort reagiert werden. Eindeutig ist auch die Position der tschechischen Ärzteschaft: Sie lehnt Hausgeburten als zu risikoreich strikt ab.

mar/as (dpa)