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Niebel besucht Armenhaus Afrikas

5. Dezember 2011

Burundi ist laut Weltentwicklungsindex der Vereinten Nationen das drittärmste Land der Welt. Woran das liegt und wie das geändert werden könnte, versucht der deutsche Entwicklungsminister vor Ort zu ergründen.

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Dirk Niebel (l.) lässt sich von Ingenieur Frederic Koehl (Fichtner Water & Transportation) ein Wasser-Projekt in Gitega/Burundi erläutern. (Foto: Marcel Fürstenau/DW)
Dirk Niebel (li.) lässt sich ein Wasser-Projekt in Gitega erläutern.Bild: DW

Dirk Niebel kommt viel herum in der Welt. Was Armut bedeutet, kann der seit 2009 amtierende Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so gut beurteilen wie wenige andere. Ständig ist der Freidemokrat unterwegs, um die 60 deutschen Partnerländer zu besuchen. Dieser Tage (02.-05.12.2011) bereist er Burundi. Im aktuellen Weltentwicklungsbericht rangiert das von der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Tansania umgebene ostafrikanische Land auf dem 185sten von 187 Plätzen.

Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 90 Euro

Burundische Kinder in einer Hausruine in Bujumbura (Foto:ap)
Diese Kinder aus Bujumbura haben nicht einmal ein anständiges Dach über dem KopfBild: AP

Wie schwer es das von einem langen Bürgerkrieg gezeichnete Burundi haben wird, sich von dieser Position zu verbessern, lässt schon ein kurzer Blick auf einige wenige Eckdaten erahnen. Rund 8,5 Millionen Menschen leben auf weniger als 28.000 Quadratkilometern. Es ist also eng im hügeligen Burundi. Und die im afrikanischen Vergleich sehr hohe Bevölkerungsdichte wird bei einem Bevölkerungswachstum von 2,8 Prozent weiter zunehmen. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei etwa 90 Euro, es gibt so gut wie keine Industrie und kaum Bodenschätze. Wirtschaftliche Fortschritte sind also, wenn überhaupt, nur in sehr kleinen Schritten zu erwarten. Ein großes Hemmnis stellt zudem die weit verbreitete Korruption dar.

Deutsche Hilfe bei Wasserprojekten

Bauschild für das Wasser-Projekt in Gitega, das unter anderem mit KfW-Mitteln gefördert wird. (Foto: Marcel Fürstenau/DW)
Bauschild für das Wasser-Projekt in Gitega, das unter anderem mit KfW-Mitteln gefördert wird.Bild: DW

Die Rahmenbedingungen sind also alles andere als gut, das Investitionsklima für ausländische Unternehmen schlecht. Ein Umstand, den der deutsche Entwicklungsminister bedauern wird, denn wirtschaftliche Fortschritte durch privates Engagement auch deutscher Firmen hat sich Dirk Niebel besonders auf die Fahnen geschrieben. Dass er auf diesem Gebiet in Burundi kurzfristig wenig bewegen können wird, wurde ihm auf seiner dreitägigen Reise deutlich vor Augen geführt. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land wird deshalb wie schon in der Vergangenheit einen Schwerpunkt bei der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung haben.

Fast 75 Prozent der für 2012/13 vorgesehenen Mittel in Höhe von 27,5 Millionen Euro sollen in Wasser-Projekte fließen, von denen Niebel auf seiner Reise mehrere besichtigt hat. Ob in der Hauptstadt Bujumbura oder in der zentral gelegenen Stadt Gitega, überall wurde er mit einer mangelhaften Infrastruktur konfrontiert. Es fehlt an moderner Technik und qualifiziertem Personal. Das soll sich mit Hilfe der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mittelfristig ändern.

Zivilgesellschaft gibt Anlass zur Hoffnung

Blick in die Halle einer veralteten Pumpstation in Bujumbura/Burundi, mit der Wasser aus dem gigantischen Tanganyika-See gefördert wird. (Foto: Marcel Fürstenau/DW)
Veraltete Pumpstation in BujumburaBild: DW

Positive Impulse erhofft sich der deutsche Entwicklungsminister von der sehr aktiven und vielschichtigen Zivilgesellschaft in Burundi. Deren Engagement erstreckt sich allerdings weniger auf wirtschaftliche Initiativen als auf gesundheitspolitische (AIDS-Bekämpfung), die Aussöhnung zwischen den lange verfeindeten Volksgruppen der Hutu und Tutsi oder die Presse. Zahlreiche Zeitungen und Internetseiten sowie Radio- und TV-Stationen zeugen von einer lebendigen Medienlandschaft. Allerdings beklagten Journalisten gegenüber dem Gast aus Deutschland zunehmende Repressionen der Regierungspartei von Staatspräsident Pierre Nkurunziza (CNDD-FDD). Seit den Wahlen im Jahre 2010, die von der Opposition weitestgehend boykottiert wurden, herrscht in Burundi fast eine Art Ein-Parteien-System ohne ernsthafte Kontrolle.

Weit verbreitete Straffreiheit

Entwicklungsminister Niebel beobachtet die jüngste Entwicklung mit Sorge. Dazu zählen auch mindestens 46 von den Vereinten Nationen registrierte Todesfälle, bei denen es sich praktisch um im weitesten Sinne staatlich zu verantwortende Morde handeln soll. Eine schwache Justiz und schlecht ausgebildete Polizisten machen es den mutmaßlichen Tätern leicht, straffrei davonzukommen. Vor diesem Hintergrund drängt Niebel auf spürbare Verbesserungen auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit und auf einen besseren Schutz für Journalisten. Seine Erwartungshaltung machte er in Gesprächen mit allen wichtigen Regierungsvertretern deutlich, aber auch bei Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der außerparlamentarischen Opposition.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Thomas Latschan