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Nie mehr "zero points"

Jens Thurau21. März 2004

Was hat Politik mit Pop und Sex und Singen zu tun? Mit Schlager, Schwan und Köhler? Lesen Sie einfach, was sich in der "Berliner Republik" so alles zuträgt ...

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Die Aussicht auf gleich zwei Talentwettbewerbe hielt die Hauptstädter vergangene Woche in Atem: Am Freitag stieg der "Eurovision Song Contest Vorentscheid", der den älteren Semestern noch als "Deutscher Vorentscheid für den Schlager Grand-Prix" bekannt war. Jetzt gibt es einen neuen Namen, mehr Pep und Pop und Sex und damit die Aussicht auf Erfolg nach mageren Jahren.

Am Sonntag stieg der SPD - Parteitag, älteren Semestern als die Versammlung in Erinnerung, an deren Ende die Parteispitzen sich etwas linkisch an den Händen fassten und ein Lied sangen, in dem von Brüdern, der Freiheit und der Sonne die Rede war. Jetzt gibt es zwar keinen neuen Namen, aber einen neuen Chef, von dem sich die Partei mehr Pep, wenn auch sicher nicht Pop und Sex, auf jeden Fall aber mehr Erfolg nach mageren Jahren verspricht. Der frühere Chef bleibt Kanzler und darf auch noch weiter mitsingen, aber nur im Chor.

Die neue Form des deutschen Schlager-Grand-Prix hat ein Musikmanager dieser Tage so begründet: Jetzt würden echte Profis ins Rennen geschickt, mit dem Klamauk der Vorjahre müsse es auch mal gut sein. Zuletzt war ja das Urteil über die deutschen Kandidaten beim Schlagerfestival meist einhellig: Germany zero points. Manch extrem böse Zunge sprach da von Parallelen zwischen der Qualität deutschen Sangesguts und der Politik.

Kandidatenschaulaufen fürs Bellevue

Wo wir gerade beim Wort Kandidaten sind: Die beiden Anwärter für das Bundespräsidentenamt, Horst Köhler und Gesine Schwan, machen sich so langsam bekannt beim Volk. Horst Köhler - Bewerber für Union und FDP - redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und träumt von einer Kanzlerin Angela Merkel. Nicht so sehr überparteilich, fanden die einen, erfrischend ehrlich, die anderen. Und Gesine Schwan, die SPD-Kandidatin, wurde von Gerhard Schröder offiziell vorgestellt - erstaunliche elf Tage, nachdem sie erkoren wurde.

Köhler bringt jede Menge Wirtschaftssachverstand mit; mehr als alle Politiknasen in Berlin zusammen, findet pikanterweise Alt-Kanzler Helmut Schmidt, der angeblich noch in der SPD ist. Aber Wirtschaft ist nicht alles. Und Gesine Schwan ist charmant und humorvoll, sympathisch, hochkompetent und konfliktfreudig. Diesen Begriff der Innovation, den Schröder da zu Jahresanfang erfunden habe, finde sie nicht glücklich, erklärte sie. Das Lächeln des Kanzlers neben ihr fiel eher frostig aus.

Schade eigentlich, dass es keine Doppel-Spitze im Schloss Bellevue geben darf: Aber so ist das Leben: Grand-Prix-Vorentscheid, SPD-Parteitag und Bundespräsidentenwahl -sie alle haben nur einen Sieger.