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Spanien will Gastarbeiter los werden

Hans-Günter Kellner6. August 2008

Die Arbeitslosenquote in Spanien steigt und es ist kein Ende in Sicht. Die Regierung hat unterdessen ihre Haltung zur Einwanderung geändert. Die Gastfreundschaft ist der Bitte gewichen, das Land wieder zu verlassen.

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Bauarbeiter arbeiten auf einer Baustelle des Konzerns Strabag in Köln (12.05.2004/dpa)
Eine Millionen Gastarbeiter sollen Spanien verlassenBild: dpa - Bildfunk

Laut Arbeitsministerium sollen bis zu eine Millionen Einwanderer gehen. Im Gegenzug sollen sie ihre mit ihren Beiträgen erworbenen Anrechte auf Arbeitslosengeld ausgezahlt bekommen. Auch Simón aus Rumänien und Fabián aus Ecuador haben nicht mehr viel Arbeit. Die beiden Bauarbeiter reparieren den Abfluss im Hof eines längst fertig gestellten Wohnblocks.

Von der Hand in den Mund

Blick in eine leere verfallene Werkhalle (15.04.2004)
Durch die Flaute werden viele Häuser gar nicht fertiggestelltBild: dpa Zentralbild

Wenn die kleineren Arbeiten auch erledigt sind, droht den beiden der Gang zum Arbeitsamt. Ihr Unternehmen sei aufgekauft worden, erzählt Fabián. "Seither werden viele Leute entlassen. Mit dieser Flaute werden , bleiben als Bauruinen stehen. Auch Spanier werden arbeitslos", meint der Ecuadorianer. Aber die meisten, die hier ihre Arbeit verlieren, seien Einwanderer.

260.000 Ausländer sind in Spanien inzwischen ohne Job, das macht etwa zwölf Prozent aller Arbeitslosen aus. Spaniens Regierung möchte sie nach Hause schicken. Wenn sie zu einer Rückkehr bereit sind, will sie ihnen ihr gesamtes Arbeitslosengeld in nur zwei Raten auszahlen. Fabian will es akzeptieren. Als Arbeitsloser lebe er von der Hand in den Mund. "Das kann ich in Ecuador auch. Mit dem Geld vom Staat könnte ich meine Schulden bezahlen und nach Hause fahren. Und in Ecuador habe ich schon ein Haus. Hier bezahle ich 700 Euro Miete, da kommen dann noch Wasser und Strom dazu, da sind es dann schon 850 Euro", erklärt er.

Angst vor der Rückkehr

Der Rumäne Simón steht schweigend daneben. Er hat keine Arbeitsgenehmigung, zahlt nichts in die Arbeitlosenversicherung ein, die Anreize zur Rückkehr sind für ihn wertlos. Auch wenn in seiner Heimat händeringend Arbeiter gesucht werden, will er in Spanien bleiben. "Die Arbeiter sind alle hier. Niemand will nach Rumänien zurück. Dort ist alles viel teurer. Hier leben wir halbwegs in Würde. In Rumänien ist der Justiz, der Polizei oder der Regierung nicht zu trauen."

Auch das Arbeitsamt kann den arbeitslosen Bauarbeitern nichts anbieten. Die Industrie sollte die Baubranche als Wachstumsmotor ablösen, hoffte die spanische Regierung. Doch Spaniens Unternehmer hätten zu wenig in neue Produkte und Herstellungsverfahren investiert, ihre Betriebe seien nicht mehr produktiv genug, sagen Experten. So hat das Arbeitsamt auch für Roberto León, der ebenfalls aus Ecuador stammt, auch diesmal keine Arbeit. Doch die Hoffnung sterbe zuletzt, meint er. "Ich bekomme jetzt 70 Prozent meines letzten Gehalts. Diese Summe wird nach und nach immer weniger, bis es nach zwei Jahren gar nichts mehr gibt. Meine Hoffnung ist, dass es mit dem neuen Infrastrukturprogramm des Staats wieder etwas zu tun gibt für uns Einwanderer."

Auswege aus der Misere

Bahngleise mit ICE (2. Juni 2008/dpa)
Neue Zugstrecken sollen die spanische Wirtschaft ankurbelnBild: picture-alliance/dpa

Denn die spanische Regierung will die Wirtschaft mit einem acht Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramm wieder flott kriegen, Autobahnen und Zugstrecken bauen. Zurück nach Eucador möchte Roberto León, der nach zwölf Jahren in Spanien auch einen spanischen Pass hat, nicht mehr. "Sie wollen uns zwar das ganze Arbeitslosengeld auszahlen. Aber dafür sollen wir auf Rechte verzichten, die uns so viel Anstrengungen gekostet haben", sagt León.

Die Einwanderer sollen sich verpflichten, drei Jahre lang nicht nach Spanien zurückzukehren. Die meisten werden höchstens 15.000 Euro bekommen. Das werden nicht viele akzeptieren, meint Roberto León. Spanien sei reich geworden und die Renten seien dank der Einwanderer sicher. "Und so wird uns das gedankt", sagt León kopfschüttelnd.