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"Nicht rosig"

25. Januar 2002

- Estlands neuer Regierungschef sieht auf dem Weg in die EU noch so manche Hürde

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Tallinn, 24.1.2002, EESTI PAEVALEHT, estn., Copyright BBC monitoring

Siim Kallas, der am Dienstag im Riigikogu (Parlament) als Premierminister bestätigt worden ist, hat erklärt, seine neue Regierung werde eine Reihe schmerzhafter innenpolitischer Entscheidungen treffen müssen, um den Beitritt Estlands zur EU nicht zu verzögern. Nach Kallas Worten ist der Stand der Verhandlungen mit der EU nicht ganz so rosig wie einst beschrieben. "Die Wirklichkeit ist, dass eine Reihe schmerzhafter Entscheidungen immer wieder auf die lange Bank geschoben worden ist. Diese Entscheidungen wird nun unsere Regierung treffen müssen", sagte Kallas im Riigikogu. "Sie betreffen die Tabaksteuer und steuerfreie Verkäufe, sie betreffen Dinge, in denen Estland sehr lang einen Standpunkt vertrat, den die (EU-) Mitgliedsländer nicht akzeptieren. Diese Probleme werden jetzt ein für allemal irgendwie gelöst werden müssen. Wenn Estland einen Abschluss der Beitrittsverhandlungen im geplanten Zeitraum will, dann sind unangenehme Entscheidungen fällig."

Der Regierungschef gab zu, dass die Zentrumspartei (Partner in der neuen Regierung) dem bisherigen Verlauf der EU-Gespräche kritisch gegenüber steht. "Über die Argumente muss sicherlich ernsthaft geredet werden. Aber wir haben nicht die Absicht, irgendein Kapitel noch einmal neu zu verhandeln. Wir haben vor, die Gespräche erfolgreich abzuschließen. Wir haben erklärt, dass unsere beiden (Regierungs-) Parteien diesbezüglich pragmatisch sind, und daher wird es bei den Verhandlungen keine Verzögerung geben", versprach Kallas.

Estland strebt eine sechseinhalbjährige Übergangszeit bei der Steuerfreiheit für Schiffspassagiere an, um den estnischen Reedereien die Wettbewerbsfähigkeit in der Ostsee zu sichern. Die Aufhebung der steuerfreien Einkaufsmöglichkeiten könnte zu einem erheblichen Rückgang der Zahl ausländischer Touristen in Estland führen.

Was die Zigaretten- und die Tabaksteuer betrifft, so will Estland eine Übergangszeit bis zum Jahre 2010. Die Verbrauchssteuer auf die beliebtesten Zigarettenmarken liegt derzeit bei etwa 40 Prozent, die EU fordert aber mindestens 57 Prozent, was einen beträchtlichen Preisanstieg bedeuten würde. Die EU hat eine Übergangszeit bis 2007 vorgeschlagen.

Kallas, der in der kommenden Woche das Amt des Premierministers übernehmen wird, äußerte sich auch besorgt über die Tatsache, dass Estland nicht mehr zur Gruppe der fünf ersten Anwärterstaaten gehört. Es ist jetzt nur noch unter den zehn ersten Ländern, die eine EU-Mitgliedschaft anstreben. "Es ist davon auszugehen, dass nichts einfacher werden wird", sagte er. "Noch nicht einmal unter den zehn ersten ragt Estland auf irgendeine Weise heraus. Der Erfolg bei den Verhandlungen wird daran gemessen, wie viele Kapitel abgeschlossen sind, und wir gehören zu den Ländern, die diesbezüglich unten stehen." (TS)