Neu auf der Buchmesse
19. Oktober 2008Also ehrlich gesagt dachte ich ja die ganze Zeit, die Kollegen übertreiben. "Orientier’ Dich erst Mal", "Bin gespannt, was Du sagst", "Ich erinnere mich noch an mein erstes Mal dort" – und dergleichen mehr bekam ich zu hören. Was soll’s, dachte ich – es ist doch nur eine Messe und die ist in einer großen Messehalle. Na gut, in mehreren Messehallen. Doch genau das wurde mir zum Verhängnis.
Der erste Tag
Die Messe sieht von innen aus wie eine Mischung aus Kaufhaus und Flughafen. Rollbänder transportieren die Menschen durch die endlos langen und etwas sterilen Gänge. In den Ausstellungsräumen stehen bunte Stände, dazwischen schwirren unzählige Menschen mit schweren Tüten in der Hand herum. Mit Koffer und Aufnahmegerät beladen machte ich mich nach meiner Ankunft auf die Suche nach dem Innenhof, auf dem die Übertragungswagen der Sender stehen. Nach langem Fußmarsch sah ich ihn dann auch – allerdings stand ich hinter einem großen Panorama-Fenster im ersten Stock, eine Treppe war nicht in Sicht.
Na gut, dachte ich mir, am ersten Tag ist es vielleicht noch ein bisschen schwierig. Am nächsten Morgen aber fühlte ich mich bereits sehr sicher. Bis ich am Eingang stand: es war ein anderer Eingang als gestern. Ich fragte eine freundliche junge Dame nach dem Weg und sie sagte so etwas wie: "Gehen Sie einfach den Gang geradeaus, dann die Rolltreppe hoch, dann den nächsten Gang links – oder war es rechts? – dann kommen Sie auf ein offenes Gelände, da können Sie dann den Shuttlebus nehmen." Shuttlebus? Den hatte ich gestern gar nicht gesehen. Ich habe ihn dann auch nicht gefunden. Trotzdem kam ich nach einem längeren Fußmarsch an unserem Übertragungswagen an.
Leben im Container
Mein Orientierungssinn wurde in den nächsten Tagen zunehmend besser. Und ich konnte einen gewissen Stolz nicht verhehlen, als ich am Morgen des ersten Publikumstages souverän an ratlos herumstehenden Menschen vorbeieilte. Mittlerweile laufen die Leute hier auch nicht mehr nur mit Tüten herum, sondern ziehen kleine blaue Pappkoffer hinter sich her, um die unzähligen Prospekte wegzutragen. Glücklicherweise regnet es nicht mehr.
So langsam schrumpft auch mein Arbeitspensum. Die ersten Tage habe ich den größten Teil der Zeit in unserem provisorischen Büro – sprich Container – am Computer gesessen. Dort verriet mir der Newsletter der Buchmesse jeden Morgen, was ich am Tag zuvor alles verpasst hatte. Eigentlich sollte man hier nur hinkommen, um an den zahlreichen Veranstaltungen teilzunehmen. Und selbst dann würde man immer noch ganz viel verpassen.
Skurrile Situationen
So eine Buchmesse macht einem das Leben eigentlich ganz schön einfach. Alle Welt ist hier versammelt, interessante Gesprächspartner gibt es zu Genüge. Skurrile Situationen aber auch: beispielsweise wenn sich Bundesaußenminister Steinmeier und der türkische Staatpräsident Abdullah Gül umzingelt von einer Meute Journalisten durch eine Ausstellung schieben, von der sie eigentlich nichts gesehen haben können. Oder wenn eine chinesische Kollegin bei der Pressekonferenz plötzlich aufsteht und sich vor den Rednern ablichten lässt und dabei lächelnd in die Kamera winkt, oder wenn einem morgens unerwartet eine Horde als Comicfiguren verkleidete Jugendliche entgegenkommt. Alles in allem kann ich nur sagen: Ich hoffe, das war nicht meine letzte Buchmesse.