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Neues Video zu Todesschüssen in Charlotte

24. September 2016

Die Witwe des in der US-Stadt Charlotte getöteten schwarzen Familienvaters hat ihre Smartphone-Aufnahmen veröffentlicht. Die zwei Minuten und 16 Sekunden lange Sequenz zeigt die Momente um die tödlichen Schüsse.

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Trauernde legen am Tatort Blumen und Kerzen nieder (Foto: rtr)
Trauernde legen am Tatort Blumen und Kerzen niederBild: Reuters/M. Blake

Das Video wurde von den Anwälten von Rakeyia Scott an die "New York Times", den Sender NBC News und die Nachrichtenagentur AFP weitergegeben. Rakeyia Scotts Stimme ist in der Aufzeichnung wiederholt deutlich zu hören. Sie schreit die Polizisten an: "Schießt nicht auf ihn!" "Er hat keine Waffe!" Dann ruft sie: "Er hat ein TBI (Traumatic brain injury, Schädel-Hirn-Trauma), er wird Euch nichts tun!" Mehrere Nachbarn des 43-jährigen Keith Lamont Scott beschrieben ihn als Behinderten, der unter anderem stotterte.

Die Polizisten rufen in der Aufnahme mehrfach: "Wirf die Waffe weg!" Erneut schaltet sich Rakeyia Scott ein, die ihrem Mann zuruft: "Lass sie nicht die Fenster aufbrechen! Komm aus dem Wagen raus!" Danach ruft sie: "Keith, mach das nicht! Keith, komm aus dem Wagen!" Dann sind vier schnell aufeinander folgende Schüsse zu hören. Das Smartphone wurde in dieser Phase weggedreht. Dann ist Scott bäuchlings und reglos auf dem Boden liegend zu sehen. Rakeyia Scott ist außer sich. "Habt ihr ihn erschossen?"

Soldaten der Nationalgarde marschieren in Charlotte auf (Foto: rtr)
Soldaten der Nationalgarde marschieren in Charlotte aufBild: Reuters/J. Miczek

Soldaten und Polizei patrouillieren

In den Straßen Charlottes im US-Bundesstaat North Carolina bezogen nach der Veröffentlichung des Videos Soldaten der Nationalgarde Position. Die Behörden befürchten weitere Unruhen. Auch am vierten Abend in Folge zogen Menschen durch die 800.000-Einwohner-Stadt. Bisher sei die Lage friedlich, sagte ein Augenzeuge dem TV-Sender CNN. Nachts herrscht eine Ausgangssperre. Sie werde aber nicht durchgesetzt, solange die Proteste friedlich blieben, sagte ein Polizeioffizier CNN.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton verschob derweil einen für Sonntag geplanten Besuch in Charlotte. Wenn die Umstände es erlaubten, werde die Präsidentschaftskandidatin eine Woche später dorthin kommen, teilte ihr Wahlkampfteam mit. Zuvor hatte die Bürgermeisterin von Charlotte, Jennifer Roberts, Clinton und deren republikanischen Rivalen Donald Trump gebeten, wegen der stark beanspruchten Sicherheitskräfte vorerst nicht in die Stadt zu reisen.

"Es war ein Buch - keine Waffe"

Der Tod des Afroamerikaners am Dienstag hatte die Demonstrationen gegen Polizeigewalt ausgelöst, die dann eskalierten. Nach wie vor steht die Frage im Raum, ob Keith Scott bewaffnet war. Nach Angaben seiner Familie und seiner Nachbarn trug der 43-Jährige ein Buch und keine Waffe und wartete auf dem Schulbus, um seinen kleinen Sohn abzuholen.

Am Freitag mehrten sich die Stimmen, die Polizei müsse das Video eines Beamten vom Tatort veröffentlichen. Angehörige des Opfers bekamen die Sequenz zu sehen. Anwälte der Familie erklärten anschließend, die Aufnahme habe bei ihnen "mehr Fragen als Antworten" ausgelöst.

Pressekonferenz mit Polizeichef Putney (Foto: AP)
Polizeichef Putney: Am Tatort wurde eine Schusswaffe sichergestelltBild: picture-alliance/AP Photo/C. Burton

Keine Schusswaffe zu sehen

Anwalt Justin Bamberg sagte dem Sender CNN, es sei keine Waffe in dem Video zu sehen. Scott sei rückwärts gegangen, als der Schuss auf ihn abgegeben wurde. "Seine Hände sind neben seinem Körper nach unten gerichtet. Er verhält sich ruhig. Man kann etwas in seiner Hand sehen, aber nicht erkennen, was es ist", sagte Bamberg.

Charlottes Polizeichef Kerr Putney gab dagegen an, am Tatort sei eine Schusswaffe, aber kein Buch gefunden worden. Die Videoaufnahmen hätten gezeigt, dass der Polizist - ebenfalls ein Schwarzer - im Recht gewesen sei, als er auf Scott feuerte. Dieser habe die Anweisungen der Polizei missachtet und sich den Beamten als "unmittelbare Bedrohung" entgegengestellt.

se/wl (dpa, rtr, afp)