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Neues Lifestyle-Magazin für lesbische Frauen

Kristina Reymann-Schneider16. August 2015

Bisher gab es nur ein Magazin für Lesben auf dem deutschen Zeitungsmarkt. Jetzt ist ein zweites erschienen. Das neue Lifestylemagazin "Straight" will lesbisches Leben sichtbarer und so zur Selbstverständlichkeit machen.

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Screenshot Straight! Magazin Merkel
Bild: Straight Magazine

Deutschland gehört zu den größten Zeitschriftenmärkten der Welt. Es gibt Magazine für Kuscheltier-Fans ("Teddy & Co"), kochende Männer ("Beef!") und landhungrige Stadtmenschen ("Landlust"). Insgesamt liegen an deutschen Kiosken knapp 1600 Publikumszeitschriften aus. Seit kurzem gibt es ein weiteres Lifestylemagazin. #link:http://www.straight-mag.com/:"Straight"# heißt es und richtet sich an lesbische Frauen und vermeidet dennoch tunlichst das Wort Lesbe. Das wird in Deutschland, genauso wie das Pendant "schwul", noch immer als herablassende Bezeichnung verwendet. Dennoch ist der Titel "Straight" gewöhnungsbedürftig. Denn "straight" – ein Synonym für heterosexuell – sind Frauen, die Frauen lieben, ja gerade nicht. Straight heißt auch geradlinig und offen. "Genau das sind wir auch", erklärt Chefredakteurin Felicia Mutterer. "'Straight' verkörpert Selbstbewusstsein und will natürlich auch provozieren." Mit der Zeitschrift wollen die Macherinnen weg von dem Klischee der männerhassenden Lesbe mit Kurzhaarfrisur, Holzfällerhemd und Regenbogenaufkleber am Auto.

Absage an Stereotype

"Es ist schwierig, zu kommunizieren, dass man lesbisch ist, aber nicht dem Stereotyp entspricht", sagt Felicia Mutterer. Modestrecken ("Coole Sommerlooks") und Kosmetiktipps ("Wundermittel für deine Haut") gehören deshalb genauso in dieses Heft wie in andere Frauenmagazine. Das ist neu. Die bislang einzige Lesbenzeitschrift auf dem deutschen Markt – das "L-Mag" – verzichtet bewusst auf solche Inhalte. Damit werde ein gängiges Frauenbild propagiert, das nicht alle mitnähme, sondern nur einen Teil der Frauen, sagt Gudrun Fertig, Co-Verlegerin von "L-Mag". Die konsequente Verweigerung von Kosmetik sei als Haltung völlig in Ordnung, aber "Straight" sei eben anders, sagt Felicia Mutterer. So entspricht "Straight" einem typischen Frauenmagazin, aber eben mit lesbischer Zielgruppe. Neben Artikeln zur Homo-Ehe, zum Outing am Arbeitsplatz und zu Fesselspielen, sind Interviews mit einer lesbischen Regisseurin und einem Samenspender genauso zu finden wie Beziehungstipps, Buchrezensionen, Musikvorstellungen, Rezepte und Reisereportagen.

Felicia Mutterer Chefredakteurin der Zeitschrift "Straight"
Felicia Mutterer, Chefredakteurin der Zeitschrift "Straight"Bild: Straight

Merkel als Lesbe

Im Netz kommt das Magazin bislang gut an. Nicht zuletzt wegen der originellen Werbekampagne. Im Spot ist eine Frau zu sehen, die der Bundeskanzlerin Angela Merkel ähnelt – und plötzlich von einer Frau umarmt wird. Merkel, eine Lesbe? Nein, das ist bloß Marketing. Die Bundeskanzlerin ist mit einem Mann verheiratet und lehnt die Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft rigoros ab, obwohl die Mehrheit der deutschen Bevölkerung und selbst Teile ihrer Partei sie inzwischen befürwortet. Im Gegensatz zu Ehepaaren dürfen Lebenspartner z.B. nicht gemeinsam ein Kind adoptieren.

Lesbisches Leben soll selbstverständlich werden

Erschienen ist das Magazin in einer Auflage von 15.000 Exemplaren. Es richte sich, so Felicia Mutterer, nicht nur an die rund zwei Millionen Lesben in Deutschland, sondern an alle Frauen, die Frauen lieben oder sich einen Einblick in das lesbische Leben verschaffen wollen. Mit den Verkaufszahlen eine Woche nach dem Start sei sie sehr zufrieden, sagte die Chefredakteurin der DW. Internationale Vorbilder für "Straight" gebe es nicht. "Wir haben alles alleine gemacht und uns an nichts orientiert." Obwohl man vor allem unterhalten wolle, betont die Chefredakteurin, dass "Straight" nicht unpolitisch sei. "Wir wollen verschiedene Rollenbilder schaffen und damit gesellschaftlich etwas in Gang bringen." Denn solange es Ungleichbehandlung und in neun Staaten die Todesstrafe für Homosexuelle gebe, bliebe jede Menge zu tun. Dem Kampf habe man allerdings abgeschworen. "Wir wollen nicht mit dem alten Kampfbegriff kommen, sondern mit Selbstverständlichkeiten." Lesbisches Leben selbstverständlicher zu machen, das hat sich auch das "L-Mag" zum Ziel gesetzt. Gudrun Fertig, Co-Verlegerin von "L-Mag", sieht in der neuen Zeitschrift zwar einen neuen Mitbewerber um Anzeigenkunden, aber auch eine Bereicherung. "Alles, was etwas für die lesbische Sichtbarkeit tut, ist gut."

Glücklich im Schrank?

In Ländern, in denen Lesben offen leben können, scheint es ein Grundproblem zu geben: Sie fühlen sich – sofern sie überhaupt in den Medien, in Filmen oder Serien vorkommen – oft falsch repräsentiert. Das hat eine einfache Ursache. Denn Lesben haben nur eine einzige Kleinigkeit gemein: Sie lieben Frauen. In allen anderen Punkten sind sie sehr unterschiedlich. Es gibt die Ökolesbe, die Wert auf Nachhaltigkeit legt und im Bioladen einkauft, die Schranklesbe, die so heißt, weil sie ihre sexuelle Ausrichtung gewissermaßen "im Schrank versteckt", geheim hält, die Szenelesbe, die auf jeder Homo-Party tanzt und alle anderen Szenelesben kennt, die Butches, die ihre Haare kurz tragen und sich maskulin kleiden, die Femmes, die sich schminken und ihre Nägel lackieren und noch viele mehr. Doch zahlreiche von ihnen seien auch unsichtbar, manchmal auch gerne, sagt Felicia Mutterer. Frauen hätten oft nicht ein so großes Sendungsbewusstsein wie Männer.

Homosexuelle protestieren beim CSD in Köln 2015 gegen Russland
In Russland darf - angeblich zum Schutz der Jugend - nicht positiv über Homosexualität gesprochen werden.Bild: Reuters/W. Rattay

Allerdings gibt es auf dem Zeitschriftenmarkt in Deutschland gar nicht viel mehr Magazine für Schwule, zieht man die Erotik-Hefte und die Gratisblättchen, die in Kneipen und Clubs herumliegen, ab. Auch international sieht es nicht anders aus.

Online-Portale statt Printmedien

Wenn sich Staaten in ihrer Gesetzgebung gegenüber Homosexuellen liberaler zeigten, würden auch Zeitschriften gegründet, ist Gudrun Fertig überzeugt. Aber selbst in den USA oder in Großbritannien gebe es nur jeweils eine Zeitschrift, die sich klar an lesbische Leserinnen richte. Online dagegen sei das anders, sagt Klaus Jetz, Geschäftsführer der Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die weltweit für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender kämpft. In Ländern wie Russland sowie in vielen afrikanischen Ländern, gebe es gar keine Printmedien für Homosexuelle, sondern nur Online-Portale oder Blogs. Vor diesem Hintergrund sind zwei Printmagazine für lesbische Frauen schon eine Errungenschaft.