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Deutsche Panzer für Saudi-Arabien

Rachel Gessat18. Juni 2012

Darf Saudi-Arabien deutsche Kampfpanzer kaufen? Vor einem Jahr entbrannte darüber eine heftige Debatte zwischen Regierung und Opposition. Jetzt gibt es offenbar neue Details zum geplanten Waffendeal.

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Der Leopard Panzer 2 A7+ (Foto: dpa)
Panzer Leopard 2 A7+Bild: picture-alliance/dpa

Offiziell bestätigt ist nichts, aber schon vor einem Jahr spekulierten deutsche Medien über den Verkauf von Leopard-Kampfpanzern aus deutscher Produktion an Saudi-Arabien. Von rund 200-300 Panzern war damals die Rede - jetzt soll der Golfstaat sogar Interesse an der vierfachen Anzahl haben. Das berichtete am Wochenende die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Regierungskreise. Der Hersteller des Leopard-Panzers, der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW), wies diese Darstellung jedoch zurück: "Wir haben keinen Auftrag", lautete die knappe Auskunft eines Unternehmenssprechers. Die Bundesregierung hüllt sich ebenfalls in Schweigen: "Dazu nehmen wir grundsätzlich keine Stellung", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Montag (18.06.2012) in Berlin.

Sollte das autoritär regierte Saudi-Arabien tatsächlich bis zu 800 Kampfpanzer kaufen, wäre das einer der größten Rüstungsaufträge in der Geschichte der Bundesrepublik - das Auftragsvolumen liegt Schätzungen zufolge bei rund 10 Milliarden Euro. Doch auch wenn es bei der ursprünglichen Zahl von 200 Panzern bliebe, würde damit der Trend der letzten Jahre fortgesetzt: 2009 exportierte Deutschland Waffen im Wert von rund 1,34 Milliarden Euro, 2010 war das Handelsvolumen auf 2,1 Milliarden angestiegen. Die Bundesrepublik ist damit aktuell hinter den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur weltweit.

Regierung hält Exporte für gerechtfertigt

Der Christdemokrat Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält den Verkauf von Kampfpanzern an Saudi-Arabien für unbedenklich: "Wir haben in Deutschland die mit Abstand restriktivste Exportgesetzgebung für Rüstungsgüter. Solche Projekte werden sehr genau geprüft, und wenn die Kriterien erfüllt sind, dann kann exportiert werden."

Portraitfoto Dr. Joachim Pfeiffer MdB CDU Foto: Joachim Pfeiffer
CDU-Bundestagsabgeordneter Joachim PfeifferBild: Joachim Pfeiffer

Überprüft werden die Kriterien in Deutschland vom Bundessicherheitsrat, der jedem Waffenexport zustimmen muss. Die Sitzungen des Gremiums, an dem außer der Bundeskanzlerin noch mehrere Minister teilnehmen, sind geheim. Im Sommer 2011 hatte der Bundessicherheitsrat eine Voranfrage von KMW über 200 Panzer im Sommer aber offenbar positiv beschieden.

Opposition kritisiert Pläne als gesetzwidrig

Für die Opposition ist das Thema ein gefundenes Fressen. Die Bundesregierung werfe die gültigen Richtlinien im Umgang mit Waffenexporten über Bord, rügten ihre Vertreter schon damals. Tatsächlich hat sich die Regierung Ende der 1990er Jahre für den Rüstungsexport enge Grenzen gesetzt: keine Waffen in Krisengebiete und Länder, in denen ein "hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression (…) oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden."

Genau das sei zu vermuten, argumentieren die Grünen, die im August 2011 eine Verfassungsklage eingereicht haben, um bei Waffenexporten eine stärkere Beteiligung des Parlaments zu erzwingen. Parteichefin Claudia Roth verurteilte die geplante Waffenlieferung an Saudi-Arabien mit dem Hinweis auf die prekäre Menschenrechtssituation im Land und die demokratiefeindliche Politik des saudischen Königshauses: "Es ist nicht nur gesetzwidrig, sondern auch eine zynische Verhöhnung der mutigen Menschen, die im Arabischen Frühling für Demokratie und Menschenrechte gekämpft haben."

Die Bundesvorsitzende der Gruenen, Claudia Roth Foto: Maja Hitij/dapd
Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia RothBild: dapd

Menschenrechte contra Sicherheitspolitik

Saudi-Arabien hatte dem gestürzten Machthaber von Tunesien, Ben Ali, im vergangenen Jahr Asyl gewährt, und im März 2011 halfen saudische Truppen und Panzer dabei, die Oppositionsbewegung im Nachbarstaat Bahrain niederzuschlagen. Auch im eigenen Land geht das saudische Herrscherhaus rigoros gegen Demonstranten vor. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international berichtet, unfaire Gerichtsverfahren, Folter und grausame Strafen, wie Auspeitschungen und Amputation von Gliedmaßen seien an der Tagesordnung.

Demonstranten in Saudi Arabien März 2011 Foto: AP
Die saudische Polizei geht oft mit Gewalt gegen Demonstranten vorBild: AP

Der Unionspolitiker Joachim Pfeiffer räumt die kritische Menschenrechtslage zwar ein, verweist aber auf andere Aspekte: "Saudi-Arabien ist ein verlässlicher Partner des Westens. Es ist ein stabiles Land und hat eine stabilisierende Wirkung in der gesamten arabischen Region. Wenn es diese Wirkung weiter beibehalten soll, Richtung Iran, Richtung Syrien, Richtung Jemen, Richtung Irak, dann müssen sie auch in der Lage sein, dieses zu dokumentieren. Und wenn wir da einen Beitrag leisten können, dann halte ich das für gerechtfertigt", sagte Pfeiffer im Gespräch mit der Deutschen Welle.