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Neuer Prozess gegen Terrorist "Carlos"

7. November 2011

Der einst meistgesuchte Terrorist der Welt, Ilich Ramirez Sanchez, bekannt als "Carlos, der Schakal", steht in Frankreich wieder vor Gericht. Erstmals ist er wegen Terrorismus angeklagt.

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Der Top-Terrorist "Carlos" (Archivfoto: AP)
Der Top-Terrorist Carlos wurde bereits wegen Mordes verurteiltBild: AP

Der Prozess begann am Montag (07.11.2011) unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen vor einem Pariser Sondergericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem inzwischen 62-Jährigen vor, dass er vier Anschläge in den Jahren 1982 und 1983, bei denen insgesamt elf Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, in Auftrag gegeben hat, um seine damals in Frankreich inhaftierte Freundin und einen Kameraden freizupressen.

Erstmals lautet die Anklage: Terrorismus

Der gebürtige Venezolaner "Carlos" sitzt bereits seit langen Jahren in einem französischen Gefängnis. Er verbüßt dort seit 1997 eine lebenslange Haftstrafe, wegen der Ermordung zweier französischer Geheimdienstagenten und eines V-Mannes in den siebziger Jahren. Noch einmal lebenslänglich droht ihm nun für die Terrorserie der achtziger Jahre in Frankreich. Der neue Prozess ist der erste, bei dem sich Ramírez wegen Terrorismus verantworten muss. Der Angeklagte bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Porträt Carlos im Gerichtssaal(Zeichnung: Christine Lemarie , Foto AP)
In dem Prozess geht es um einen Bombenanschlag auf eine Eisenbahn im Jahr 1982Bild: dapd/Christine Lemarie

Die Staatsanwaltschaft wirft Carlos Mittäterschaft in vier Fällen vor. In dem Prozess geht es um einen Bombenanschlag auf den Zug Toulouse-Paris am 29. März 1982. Er soll dem damaligen französischen Oppositionsführer und späteren Präsidenten Jacques Chirac gegolten haben, der auf dieser Strecke regelmäßig in seinen Wahlkreis fuhr. Die Anklage stützt sich dabei auf Dokumente aus der DDR und Ungarn. Außerdem wird "Carlos" ein Anschlag am 31. Dezember 1983 auf einen Hochgeschwindigkeitszug vorgeworfen, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen. Er soll auch an Bombenanschlägen auf den Pariser Sitz des arabischen Magazins "Al Watan Al Arabi" im April 1982 und auf einen Bahnhof in Marseille mitgewirkt haben. Das neue Verfahren in Paris soll etwa sechs Wochen dauern.

Mittäter sollen auch zwei Deutsche sein

Mitangeklagt sind der frühere Stellvertreter von "Carlos", Johannes Weinrich, und Christa-Margot Fröhlich sowie der flüchtige Palästinenser Ali al-Issawi. Alle drei sind bei dem Prozess nicht anwesend. Weinrich, dessen Auslieferung Deutschland verweigerte, verbüßt in Berlin eine lebenslange Haftstrafe wegen des Anschlags auf das französische Kulturinstitut Maison de France 1983. Fröhlich hatte Frankreich im Frühjahr 2000 verlassen, wo sie nach vierjähriger Untersuchungshaft noch unter Polizeiaufsicht stand. Sie soll sich in Deutschland aufhalten.

Bekannt wurde Carlos durch spektakuläre Terrorakte

Seine ideologische Heimat hatte Ramírez Anfang der siebziger Jahre bei der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gefunden. Ab Mitte der 1970er-Jahre operierte "Carlos" mit seinen Gefolgsleuten quasi als Terrorismus-Söldner. Zu den von der Gruppe verübten Attentaten gehörte beispielsweise der Angriff 1975 auf die OPEC-Zentrale in Wien. Ein Terrorkommando stürmte das Gebäude, tötete drei Menschen und erzwang die Verlesung einer antiisraelischen Erklärung im Radio. Dann floh die Gruppe spektakulär mit einem gekaperten Flugzeug und mehreren Dutzend Geiseln. Geleitet wurde die Terroraktion damals war "Carlos". 1994 wurde der Terrorist im Sudan gefasst.

Autorin: Ulrike Quast (dpa,afp,dapd)
Redaktion: Nicole Scherschun