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Neuer Kopf für den Rosa Riesen

Hanno Grieß / Rolf Wenkel15. November 2002

64 Milliarden Euro Schulden lasten auf seinen Schultern. Trotzdem recht gut gelaunt ist der neue Vorstandsvorsitzende des neuntgrößten deutschen Unternehmens: Kai-Uwe Ricke.

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Kai-Uwe Ricke blickt energisch in die ZukunftBild: AP

Vor allem die Finanzmärkte hatten die Präsentation der Geschäftszahlen am Donnerstag (14.11.) mit Spannung erwartet. Was bei der Vorlage der Zwischenbilanz zum 3. Quartal des laufenden Jahres raus kam, ist wenig schmeichelhaft. Tiefrote Zahlen, Verkäufe von Unternehmensteilen, geringere Investitionen und die Dividende für die Aktionäre fällt in diesem Jahr auch weg. Das Ziel: Schulden abbauen, Schulden abbauen, Schulden abbauen.

Optimismus verbreitete der neue Vorstandsvorsitzende: Kai-Uwe Ricke heißt der Mann an der Spitze des Konzerns und war bislang Chef der Telekom-Mobilfunktochter T-Mobile. Er tritt mit Wirkung zum 15. November sein Amt an – also praktisch sofort. Und er kam sofort zur Sache. "Unsere Zukunft heißt konsequente Entschuldung. Das ist ein schmaler Grat, aber nur so erreichen wir eine langfristige Ergebnisverbesserung."

Altlasten

Die hat der Konzern auch nötig. Bis Ende nächsten Jahres sollen diese Schulden von 64 auf runde 50 Milliarden Euro verringert werden. Der Verkauf von Immobilien und den TV-Kabelnetzen soll ebenso dazu beitragen wie die Trennung von unrentablen Beteiligungen. Die Zentrale wird radikal verschlankt und weltweit etwa 54.000 Arbeitsplätze abgebaut. Aber von der kleinen und teuren Perle VoiceStream will man sich nicht trennen.

Gerade in den letzten Quartalen ist die amerikanische Mobilfunk-Tochter stärker gewachsen als die Konkurrenz. Überhaupt läuft das operative Geschäft der Telekom ziemlich gut. Kai-Uwe Ricke sprach von einer Maschine, die Bargeld produziert. Der Umsatz stieg in den ersten neun Monaten um zwölf Prozent auf 35 Milliarden Euro, der Gewinn vor Abzug der Steuern, Zinsen und Abschreibungen wuchs um 5,6 Prozent auf zwölf Milliarden Euro.

Neuanfang

Um dem neuen Telekom-Chef einen unbelasteten Neuanfang zu ermöglichen, hat sein Vorgänger Helmut Sihler einige Leichen in der Bilanz beseitigt: Enorm hohe Wertberichtigungen führen zu einem sagenhaften Fehlbetrag von 24,5 Milliarden Euro. 18 Milliarden Euro hat man allein bei VoiceStream abgeschrieben. Dabei ist natürlich kein bares Geld abgeflossen - es hat sich nur das Eigenkapital, das in den Büchern steht, kräftig verringert.

Nachhaltige Verbesserung der Handlungsfähigkeit sei das Ziel der Konsolidierung, sagte Helmut Siehler. Demnach muss genau diese Handlungsfähigkeit in der Vergangenheit eingeschränkt gewesen sein – eine indirekte Kritik am geschassten Ron Sommer. Viele Beobachter glauben, dass der Neue gar keinen Neuanfang schaffen kann, weil er bekanntermaßen ein Ziehsohn des ehemaligen Chefs ist, der unter unrühmlichen Umständen gehen musste. Aber: "Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe von Irgendjemandem. Ich bin ich", so ein selbstbewusster Kai-Uwe Ricke.

Bewährungszeit

Ricke spielte auf die unglückliche Zeit der Kandidatensuche an, in der Gerüchte nur so ins Kraut schossen und die Medien von einer dilettantischen Einmischung der Politik in die Personalfragen des Konzerns berichteten. Auch wenn es nun wieder ruhiger zugehen könnte, dürfe niemand von ihm Wunder erwarten. Explizit richtete sich der neue Vorstandschef an die Presse: "Einem Politiker geben Sie in der Regel 100 Tage Zeit, um sich zu profilieren. Die werde ich nicht brauchen, ich bin Insider. Aber bitte treffen Sie keine vorschnellen Urteile. Herzlichen Dank."