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Neuer Herr im Haus

6. Januar 2011

Der 112. US-Kongress hat die Arbeit aufgenommen. Im Repräsentantenhaus haben jetzt die Republikaner das Sagen und können Vorhaben von Präsident Obama blockieren. Schon die erste Sitzung wurde mit Spannung verfolgt.

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John Boehner geht vor US-Fahnen entlang (Foto: ap)
Neuer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus im Anmarsch: John BoehnerBild: AP

Mit einem Gebet eröffnete Pfarrer Daniel Coughlin am Mittwoch (05.01.2011) die erste Sitzung des Repräsentantenhauses: Gott möge dafür sorgen, dass die Abgeordneten ein Instrument seiner Güte werden. Sie sollten die Gesetze befolgen und nicht nur nach Umfrageergebnissen schielen, sondern dem Allgemeinwohl dienen, sagte Coughlin.

Dann wandten die 434 Abgeordneten sich irdischen Dingen zu: der namentlichen Abstimmung für die Wahl ihres Sprechers. Das war reine Formalität. Die Republikaner, die bei der Kongresswahl im vorigen November 63 Sitze dazu gewinnen konnten und damit die Mehrheit stellen, stimmten geschlossen für ihren Kandidaten, John Boehner. Der 61-Jährige aus Ohio, seit 20 Jahren Abgeordneter im Kongress, legte um 14.16 Uhr seinen Amtseid ab.

Die alte Parlamentspräsidentin (House Speaker) Nancy Pelosi und ihr Nachfolger John Boehner vor US-Fahne (Foto: ap)
Die alte Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi und ihr Nachfolger John BoehnerBild: AP

Republikaner glauben an einen Wählerauftrag

Bereits vorher hatte Boehner klar gemacht, dass nun ein neuer Wind im Abgeordnetenhaus wehe und dass "harte Arbeit und schwierige Entscheidungen" bevorstehen. "Wir dürfen nicht mehr versagen, wir können nicht mehr auf Zeit spielen", sagte er. "Die Bevölkerung hat entschieden, 'business as usual' zu beenden. Und heute fangen wir an, ihre Anweisungen umzusetzen."

Die Republikaner verstehen ihren Wahlsieg als Mandat, die Reformen des letzten Kongresses, allen voran im Gesundheitswesen, wieder rückgängig zu machen. Bereits in der nächsten Woche soll es eine entsprechende Abstimmung geben. Doch sie hat vor allem symbolischen Charakter. Um wirksam zu werden, müssen Gesetze auch vom Senat, der ebenfalls zu seiner ersten Sitzung zusammen kam, verabschiedet werden. Dort haben die Demokraten noch immer eine Mehrheit. Und schließlich kann der Präsident sein Veto einlegen.

Verfahrensregeln

Dennoch bestimmen die Republikaner nun im Repräsentantenhaus die Regeln. Noch am ersten Tag verabschiedeten sie mehrere Verfahrensänderungen. Sie machen es einfacher, Staatsausgaben zu kürzen und Steuern zu verringern – zwei Prioritäten der Konservativen.

Der Republikaner Eric Cantor, der neue Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, erklärte: "Wir werden die Staatsausgaben kürzen und Gesetze abschaffen, die Arbeitsplätze vernichten. Wir werden die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze im Privatsektor schaffen."

Außerdem soll es eine wöchentliche Lesung der Verfassung geben und Gesetzesvorlagen müssen mit der Verfassung begründet werden. Beides hat den Republikanern den Vorwurf eingetragen, lediglich kosmetische Änderungen vorzunehmen. Mit der Betonung der Verfassung kommen sie aber vor allem dem ultra-konservativen Flügel der Republikaner, der Tea-Party-Bewegung entgegen.

Obamas Themen: Einwanderung, Energiereform

Obama formt eine Hand zur Faust bei einer Rede (Archivfoto: dpa)
Für Präsident Obama wird das Regieren nun (noch) schwierigerBild: dpa

Zum Ende des vergangenen Jahres war es Präsident Obama gelungen noch einige wichtige Gesetzesinitiativen durchzubringen. Jetzt wird er es schwerer haben, etwa bei den anstehenden Einwanderungs- und Energiereformen. Demokraten und Republikaner müssen Kompromisse schließen, sonst droht Stillstand. Robert Gibbs, Obamas Sprecher, erklärte am Mittwoch, dass man sich im Weißen Haus bewusst sei, dass die nächsten zwei Jahre anders sein werden als die vergangenen.

Veränderungen gibt es auch beim Personal im Weißen Haus. Gibbs wird seinen Posten im nächsten Monat verlassen, Chefberater David Axelrod wird sich dem Wahlkampf 2012 zuwenden. Paul Volcker, der ehemalige Chef der US-Notenbank, wird als Chef-Wirtschaftsberater des Präsidenten zurücktreten. Bereits an diesem Freitag werde Obama einen Nachfolger für Larry Summers ernennen, den anderen zurückgetretenen Wirtschaftsberater, erklärte Gibbs. Die Karten werden also neu gemischt.

Autorin: Christina Bergmann, Washington
Redaktion: Martin Schrader