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Neuer Anlauf für gemeinsames Zypern

Anke Hagedorn11. September 2008

Zypern ist seit 1974 geteilt. Am 3. September begannen offizielle Verhandlungen über die Wiedervereinigung. Der Wille zur Vereinigung ist da, aber bei Details wie einer neuen Verfassung gehen die Meinungen auseinander.

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Zyperns Präsident (rechts) und der Führer der türkischen Zyprer, (11.09.2008/AP)
Dimitris Christofias und Ali Talat auf dem Weg zur Wiedervereinigung?Bild: AP

Der letzte Versuch, Zypern wieder zu vereinigen, war im April 2004 am Nein der griechischen Zyprer bei einem Referendum kurz vor der Aufnahme Südzyperns in die EU gescheitert. Mit der Wahl des Kommunisten Demetris Christofias zum neuen Präsidenten Zyperns ist seit Anfang des Jahres wieder Bewegung in die Gespräche über die Zypernfrage gekommen.

Christofias einigte sich im März mit Mehmet Ali Talat, dem Repräsentanten der türkischen Zyprer, grundsätzlich auf die Aufnahme von Verhandlungen über eine Wiedervereinigung. So nah waren beide Seiten seit Jahrzehnten nicht an einer Lösung des Konflikts, so Talat. "Das Klima hat sich stark verändert im Vergleich zu früher", sagt er. Es gebe jetzt einen zyprischen Präsidenten, der seinen Willen deutlich gemacht habe, zu einer Lösung zu kommen. "Die türkisch-zyprische Seite war dafür schon bereit. Daher bin ich sehr optimistisch."

Uneinigkeit beim Staatenmodell

Griechische und türkische Zyprioten passieren am Ledra Palaca-Kontrollpunkt in Nikosia die Grenze (23.4.2003)
Die Insel Zypern ist seit 34 Jahren geteiltBild: dpa

Auch Andreas Mavroyiannis, Botschafter der Republik Zypern bei der EU, sieht in der derzeitigen relativ entspannten Atmosphäre zwischen den Anführern beider Seiten eine einmalige Chance. "Die Aussichten sind gut, da beide Seiten sich gut kennen", meint er. "Keiner stellt ihren politischen Willen, nach vorne zu blicken, in Frage. Wenn wir uns schon gestern hätten einigen können, wären wir darüber sehr glücklich gewesen."

Angestrebt wird ein föderaler Staatenbund. Wer an der Spitze stehen soll, darüber gibt es auf beiden Seiten allerdings noch unterschiedliche Auffassungen. "Das Staatsoberhaupt wird nach einem Rotationsprinzip besetzt", erklärt Mehmet Ali Talat sein Lieblingsmodell. "Der neue Staat wird eine Föderation gleichberechtigter Länder sein, und die Bevölkerung beider Seiten wird politisch gleichberechtigt sein."

Den griechischen Zyprern, die immer wieder auf ihre zahlenmäßige Überlegenheit hinweisen, schwebt da ein anderes Modell vor. "Auf der griechischen Seite gibt es eine klare Bevorzugung für ein präsidiales System mit einen Präsidenten und einem Vizepräsidenten", sagt Andreas Mavroyiannis. Bereits in der Verfassung von 1960 hätten die griechischen Zyprer den Präsidenten und die türkischen Zyprer den Vizepräsidenten gestellt. Das könne auch jetzt wieder der Fall sein.

Kein Abzug

Zypern-Flagge
Zypern soll ein föderaler Staatenbund werden, in dem alle Zyprer gleichberechtigt sind

Entscheidend sei aber, und da sind sich beide Seiten einig, dass es am Ende eine funktionsfähige Regierung gibt, innerhalb derer sich beide Seiten nicht ständig gegenseitig blockieren können. Ein umstrittenes Thema bleibt nach wie vor auch die Präsenz türkischen Militärs auf Zypern. Einen vollständigen Abzug der Truppen, wie ihn der zyprische Präsident fordert, lehnt Talat ab. "Reduzierung ja, Abzug nein", sagt er. "Auch in Europa gibt es ausländische Truppen, wie etwa in Deutschland. Da sind US-Truppen stationiert. Aber wir werden in jedem Fall die Zahl der Soldaten deutlich verringern im Vergleich zu heute."

Genaue Zahlen über die Stärke der türkischen Truppen im Nordteil der Insel sind nicht bekannt, es dürften 35- 40.000 sein. Heikel ist auch die Eigentumsfrage auf der Insel. Auf beiden Seiten wurde nach dem türkischen Militärputsch im Jahr 1974 Grundeigentum widerrechtlich genutzt, verkauft, bebaut. Bis zu 200.000 griechische und rund 50.000 türkische Zyprer mussten ihre Heimatdörfer verlassen.

Positive Zeichen, viele Hindernisse

Pyla, Stadt auf Zypern (10.12.1999/AP)
Es gibt positive Zeichen, aber auch viele Hindernisse auf dem Weg zur WiedervereinigungBild: AP

Rund 80.000 Festlandtürken, vornehmlich aus Anatolien wurden damals im Norden der Insel angesiedelt. Für Andreas Mavroyiannis ist die Sachlage eindeutig: "Wenn es um die Frage von Grundeigentum geht, da ist es meiner Sicht völlig klar, dass man individuelle Eigentumsrechte respektieren muss." Keinesfalls werde die zyprische Regierung akzeptieren, die Rechte irgendeines Zyprers zu verletzen. Man müsse die Eigentumsrechte von 1974 respektieren.

So gibt es bei allen positiven Zeichen noch viele Hindernisse auf dem Weg zu einem wiedervereinigten Zypern. Am Ende soll die Bevölkerung beider Inselteile in einem gleichzeitigen Referendum über den Lösungsvorschlag abstimmen, den die Vertreter beider Seiten aushandeln. Jenseits der Stimmung auf der Insel ist allerdings auch die Frage offen, wie sich die Türkei dazu verhält. Eine Lösung der Zypernfrage ist Bedingung für eine EU-Mitgliedschaft der Türken. Aber ohne eine wie auch immer geartete Zusage an Ankara, dass es dann auch garantiert klappen wird mit dem EU-Beitritt, dürfte die Türkei ihren Teil Zyperns nicht so einfach aus der Hand geben.