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Neuer Anlauf

Mohamed Negash17. November 2006

Die somalische Übergangsregierung und die Union der Islamischen Gerichte wollen Ende November erneut Friedensgespräche führen. Doch der Konflikt ist keineswegs auf somalische Akteure begrenzt.

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Milizionäre der Union der Islamischen Gerichte in Jama'adda
Milizionäre der Union der Islamischen Gerichte in Jama'addaBild: picture-alliance/dpa

Die Hauptstadt Mogadischu, zentrale Städte an der somalischen Küste, der gesamte Süden des Landes - die Islamisten kontrollieren inzwischen zwei Drittel von Somalia. Matt Bryden von der International Crisis Group in Nairobi sieht darin einen ernsthaften Grund zur Sorge. Die Union der Islamischen Gerichte und die somalische Übergangsregierung seien dabei, sich zu gefährlichen Militärmächten aufzurüsten. "In der Tat besteht mit der Anwesenheit von äthiopischen Truppen auf Seiten der Übergangsregierung und eritreischen Truppen auf der Seite der Islamisten ein großes Risiko", sagt er. "Auch andere Staaten unterstützen den einen oder anderen Konfliktpartner, so dass sich die Krise auf die ganze Region ausweiten könnte."

Waffenlieferungen trotz Embargo

Die Waffen kommen von Hintermännern. Einem UN-Bericht zufolge lieferten zehn Staaten trotz eines bestehenden Embargos Waffen an Somalia. Als Unterstützer der Milizen der "Islamischen Gerichte" werden an erster Stelle Eritrea, Syrien, Saudi-Arabien und Libyen genannt. Deren Kontrahenten, die somalische Übergangsregierung, sei dagegen von Äthiopien, Uganda und dem Jemen gefördert worden.

Matt Bryden zufolge haben Hilfsorganisationen seit Jahren darauf hingewiesen. "Die Lage ist alarmierend. Es sind so viele Waffen und Militär auf beiden Seiten im Spiel, dass es jederzeit zu einem Krieg kommen könnte", sagt er. Äthiopien und Eritrea seien direkt beteiligt, darüber hinaus hätten dem Bericht zufolge weitere Staaten Waffen geliefert, darunter Iran, Sudan und Dschibuti. "Es ist kein Geheimnis, dass diese Länder politische und sicher auch finanzielle Unterstützung leisten."

Besorgte US-Regierung

Geopolitische Faktoren machen Somalia zu einem internationalen Konfliktfeld. Die USA wollen verhindern, dass sich Somalia zu einem Zufluchtsort für Al-Kaida-Kämpfer entwickelt und haben in der Vergangenheit versucht, einzelne Warlords gegen die aufstrebenden Islamisten in Stellung zu bringen. "Somalia ist ein Unsicherheitsfaktor", erklärte US-Präsident George W. Bush. "Unsere dringlichste Sorge muss sein, dass Somalia nicht zu einem sicheren Hafen für Al-Kaida wird."

Die erhöhte militärische Unterstützung der einen oder anderen Seite in Somalia durch viele interessierte Staaten ist für beide Parteien Ermunterung zu größerer kriegerischer Auseinandersetzung. UNO und Beobachter halten den Ausbruch eines landesweiten Bürgerkrieges in Somalia, und einen regionalen Krieg am Horn von Afrika für möglich.

Bisher sind alle Versuche, den Konflikt zwischen den erstarkten Islamisten und der von den UN gestützten Übergangsregierung durch Verhandlungen zu lösen gescheitert. Die Vermittlungsbemühungen der Arabischen Liga wurden von der Übergangsregierung abgelehnt. "Die Übergangsregierung ist der Meinung, dass Kenia sehr hilfreich in dem Prozess war", sagt der ehemalige Abgeordnete Hussein Bantu. "Kenia ist an einem friedlichen Somalia interessiert."

Internationaler Druck

Islamische Milizionäre verbrennen Khat-Blätter, die in Somalia traditionell gekaut werden
Islamische Milizionäre verbrennen Khat-Blätter, die in Somalia traditionell gekaut werdenBild: AP

Erneute Gespräche sind für Ende November angesetzt. Doch Matt Bryden von der International Crisis Group setzt keine großen Hoffnungen in den Termin. Nur ernsthafter politischer Druck auf beide Konfliktparteien könne zu einer Verbesserung der Situation führen - das schließe Äthiopien und Eritrea mit ein. "Eine internationale Untersuchungskommission muss ins Land, welche Verstöße gegen die Waffenruhe ahndet und die auf einem Rückzug der ausländischen Truppen besteht. Nur dann könnte der politische Dialog wieder aufgenommen werden", meint Bryden.

Der somalische Politologe Mohammed Sherief sieht allein die somalischen Interessengruppen in der Pflicht, den Konflikt zu lösen. Denn es seien zu viele Akteure im Spiel, die ganz eigene Interessen verfolgten. "Das Beste wäre, man ließe allein die somalische Übergangsregierung mit den Islamisten verhandeln", sagt Sherief. "Die Internationale Gemeinschaft sollte den Prozess maximal finanziell unterstützen. Hätte man Somalia auf sich allein gestellt gelassen, dann wäre die Situation schon längst gelöst."