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Neue Runde im Machtkampf

Hans Sproß13. Februar 2012

In Pakistan ist mit der offiziellen Anklageerhebung gegen Premier Gilani der Machtkampf in eine neue Runde gegangen. Auf der einen Seite stehen die Justiz und mit ihr die Militärs - auf der anderen die Zivilregierung.

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Premier Gilani vor seiner Anhörung am Obersten Gerichtshof Pakistans (Foto: AP/dapd)
Premier Gilani vor seiner Anhörung am Obersten Gerichtshof PakistansBild: AP

Gilani wird Missachtung des obersten Gerichts vorgeworfen, weil er sich seit zwei Jahren weigert, Korruptionsvorwürfen gegen Ex-Präsident Zardari nachzugehen. Der Premierminister habe sich am Montag (13.02.2012) vor den sieben Richtern für nicht schuldig erklärt, sagte Gilanis Anwalt Aitzaz Ahsan. Nächster Verhandlungstermin sei der Mittwoch kommender Woche (22.02.2012). Sollte der Regierungschef verurteilt werden, könnte ihn das sein Amt kosten.

Kritik an der Regierungspartei

Viele Pakistaner sehen die aktuelle Krise vor allem als Zusammenstoß der Institutionen, insbesondere des Militärs und des Parlaments. Unterstützer der PPP sind der Ansicht, dass die Justiz, unterstützt von Pakistans allgegenwärtiger Armee und dem militärischen Geheimdienst ISI, versucht, die Vorrangstellung des Parlaments und der zivilen Demokratie zu untergraben.

Das Parlament in Islamabad bei Nacht (Foto: dpa)
Das Parlament in Islamabad sieht sich als Gegenmacht zum MilitärBild: picture-alliance/dpa

Kritiker der PPP dagegen halten der Zivilregierung ihre schlechte Regierungsleistung und Inkompetenz vor. Sie glauben, dass die Regierung die Korruption in den eigenen Reihen mit dem Hinweis auf die Autorität des Parlaments verschleiern wolle.

Iqbal Haider, ehemals Justizminister in der der PPP-Regierung der später ermordeten Ministerpräsidentin Benazir Bhutto, sagte gegenüber DW-WORLD.de: "Der Kampf zwischen den Institutionen ist der vorsätzliche Versuch der Regierung, das System zu torpedieren und als politische Märtyrer aus dem Konflikt hervorzugehen." Die Regierung missachte die Entscheidungen des Obersten Gerichts absichtlich. Die gegenwärtige Führung fordere sowohl die Justiz als auch das Militär absichtlich heraus. „Das ist unüberlegt und leichtsinnig von Seiten der Machthaber", so der Ex-Minister.

"Memogate“ und kein Ende

Die Regierung ist außerdem mit dem sogenannten "Memogate“-Skandal konfrontiert. Nach der Tötung Osama bin Ladens im vergangenen Mai durch ein US-Kommando tauchte ein Schreiben an die US-Regierung auf, in dem diese um Hilfe gebeten wird, einen möglichen Putsch durch das Militär zu verhindern. Die pakistanische Justiz untersucht derzeit diesen vermeintlichen Fall von "Landesverrat“. Sollte die gegenwärtige Regierung als verantwortlich befunden werden, könnte sie per Gerichtsbeschluss entlassen werden, und sowohl Ministerpräsident als auch Präsident müssten mit Strafverfahren rechnen.

Nach Ansicht des Politikexperten und Menschenrechtsexperten Harris Kahlique aus Islamabad versuchen bestimmte Gruppierungen, aus dem Hintergrund heraus die Zivilregierung zu torpedieren. "Beim geplanten Sturz der Regierung geht es nicht um Korruption und Inkompetenz, es geht um einen Machtkampf zwischen den Institutionen, um die Frage, wer letztlich das Sagen hat in Pakistan", so Khalique gegenüber der Deutschen Welle. "Immer, wenn die PPP an die Macht kommt, läuft aus verschiedenen Richtungen die Propagandamaschinerie an. Die Leitmedien in Urdu und Englisch lassen jegliche Ausgewogenheit vermissen, wenn es um die Erfolge des Parlaments geht, das schließlich aus allen politischen Parteien besteht.“

Beziehungen zu USA am Tiefpunkt

Dem pakistanischen Menschenrechtsaktivisten Abdul Hai zufolge ist eine liberale Partei wie die PPP, die auch noch als vergleichsweise pro-amerikanisch angesehen wird, den Militärs des Landes ein Dorn im Auge. Das gilt insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt, da die pakistanisch-amerikanischen Beziehungen sich an einem Tiefpunkt befinden. Die USA beschuldigen den pakistanischen militärischen Geheimdienst ISI, den Taliban Rückhalt und Al-Kaida-Kämpfern Zuflucht in den unruhigen Stammesgebieten im Nordwesten zu gewähren, beides mit dem Ziel einer Destabilisierung Afghanistans. Im vergangenen Jahr blockierte Pakistan NATO-Transporte, die mit Hilfsgütern in Richtung Afghanistan unterwegs waren, als Vergeltung für einen Luftangriff im Grenzgebiet, bei dem 24 pakistanische Soldaten getötet wurden.

US-Drohne vom Typ MQ-1 Predator (Foto: dpa)
Drohneneinsatz bringt die Öffentlichkeit in Pakistan gegen die USA aufBild: picture-alliance/dpa

Autor: Shamil Shams
Redaktion: Hans Spross