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Neue Hufe für den Amtsschimmel

Peter Stützle10. Februar 2006

Was tun, wenn die Globalisierung in Riesenschritten voraneilt und die Politik auf ihrem Amtsschimmel nicht hinterherkommt? Nun, die Bundesregierung versucht es jetzt mit einer Reform hufbeschlagsrechtlicher Regelungen.

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Es ist zum Verzweifeln. Die globalisierte Wirtschaft baut Arbeitsplätze ab, die Rentner aber werden immer mehr und immer älter, weshalb bei der Rentenversicherung die Einnahmen zurückgehen und die Ausgaben steigen. Aus diesem Dilemma will Sozialminister Franz Müntefering herauspreschen, indem er das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre erhöht. Doch der Amtsschimmel bockt: Der Staat müsse dann zwei Jahre länger Zuschüsse für die Zusatzversorgung "Riester-Rente“ zahlen, außerdem würden die Senioren höhere Renten bekommen, wenn sie zwei Jahre länger Beiträge eingezahlt haben, so dass nicht mal hier viel gespart würde, so einige der Einwände. Und überhaupt, soll etwa ein Dachdecker noch mit 67 in luftiger Höhe über Dachlatten hüpfen? So steht Müntefering nun da wie vom Pferd getreten, auch sein Parteichef Matthias Platzeck zeigt deutliche Blessuren, ja die ganze SPD ist in heller Aufregung.

Abgehalftertes Hufbeschlagsgesetz

Solche Erfahrungen machen die deutschen Politiker seit Jahren, was sie jetzt zu der Überlegung veranlasst hat, wie der Amtsschimmel auf Trab gebracht werden könnte. Und sie stellten fest: Das geltende Hufbeschlagsgesetz stammt aus dem Jahr 1940! Das kann ja im Zeitalter der Globalisierung nicht funktionieren. Also machte sich die Bundesregierung daran, dieses Gesetz und damit zusammenhängende Verordnungen und tierschutzrechtliche Vorschriften gründlich zu überarbeiten.

Streit mit den Barhufpflegern

Vergangene Woche lud nun der Agrarausschuss des Deutschen Bundestages Experten zu einer öffentlichen "Anhörung zur Reform hufbeschlagsrechtlicher Regelungen“. Die Abgeordneten ahnten wohl nicht, worauf sie sich dabei einließen. Hufschmiede und alternative Barhufpfleger gerieten heftig aneinander, wobei es wohl nur der erfahrenen Sitzungsleitung des Ausschussvorsitzenden zu verdanken war, dass die Hufschmiede ihre körperliche Überlegenheit nicht ausspielen konnten.

Fit für die Globalisierung

Die Regierung will den Zwängen der Globalisierung mit einer klaren Zuständigkeitsregelung für Pferdefüße begegnen: Künftig sollten sich Hufschmiede auch um unbeschlagene Hufe kümmern, Barhufpfleger sollten nicht mehr zugelassen werden. In der Anhörung begrüßte Uwe Lukas von Ersten Deutschen Hufbeschlagschmiedeverband dies, da so der "Wildwuchs“ mit irreführenden Berufsbezeichnungen wie "Hufheilpraktiker“ aufhöre. Gerhard Jampert von der Deutschen Huforthopädischen Gesellschaft konterte, die Grobiane von Hufschmieden würden das Hufhorn "barfuß“ laufender Pferde zu stark zurückschneiden. Und Hiltrud Straßer vom Institut für Hufgesundheit und ganzheitliche Pferdebehandlung kritisierte eine geplante Übergangsregelung, nach der Barhufpfleger zu "Eisenschmieden“ umsatteln können: "Wer beruflich Pediküre für Menschen ausübt, kann auch nicht gezwungen werden, erst das Schuhmacherhandwerk zu lernen. Andersherum will sich auch niemand von einem Schuhmacher die Nägel schneiden lassen.“

Für die Bundesregierung beginnt nun eine bange Zeit des Wartens: Lassen sich die Parlamentarier von all den Einwänden beeindrucken oder stehen sie zu einem globalisierungsfesten Hufbeschlagsrecht? Selbst wenn sie standhaft sind, ist die Gefahr noch nicht vorüber. Denn die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland hat schon den Gang vors Bundesverfassungsgericht angedroht. Und Karlsruhe ist der Regierung ja schon öfter in den Rücken gefallen. So kann man nur hoffen, dass Abgeordneten wie Verfassungsrichtern eines klar ist: Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, die Zukunft Deutschlands hängt an ihren Hufen.