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Berliner Abgeordnete sind beunruhigt

Mathias Bölinger (mit dpa, afp)2. August 2013

Allem Anschein nach waren auch private Telekom-Unternehmen an Abhöraktionen ausländischer Geheimdienste in Deutschland beteiligt. Unter den Abgeordneten in Berlin sorgt das für teils heftige Kritik an der Regierung.

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Grafik mit XKeyscore-Standorten
Bild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Quer durch die politischen Lager herrscht in Deutschland Beunruhigung über die jüngsten Enthüllungen zu Abhörprogrammen amerikanischer und britischer Geheimdienste. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet über Dokumente aus der Hand des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden aus dem Jahr 2009, die die Beteiligung privater Telekommunikationsfirmen an den Spionageprogrammen beweisen sollen. Demnach arbeiten mehrere große Konzerne mit dem britischen Geheimdienst Government Communication Headquarters (GCHQ) eng zusammen, einige sollen demnach sogar eigene Spähsoftware entwickelt haben - im Auftrag des GCHQ.

Auf der Liste findet sich auch die Firma, die den De-Cix, Deutschlands größten Internetknotenpunkt betreibt. Die Enthüllungen folgen auf Details, die in den letzten Tagen zur Spionagesoftware XKeyscore bekannt geworden worden. Demnach können mit Hilfe dieses Programms große Teile der weltweiten Internetkommunikation von Geheimdienstmitarbeitern ohne größeren Aufwand mitgelesen werden. Das betrifft E-Mails ebenso wie Chatprotokolle.

Datenschutzbeauftragter Alexander Dix zum NSA-Skandal

Datenschutzbeauftragter kritisiert Kanzleramt

"Das versetzt uns in Alarm, zurecht", sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. "Was mich besonders beunruhigt, sind die Meldungen darüber, dass es auch in Deutschland entsprechende Server geben soll, über die entsprechende Informationen über den Internetverkehr abgegriffen werden." Dieser Frage gehe er derzeit nach, sagte Schaar.

Verwundert zeigte sich der Bundesdatenschutzbeauftragte über die jüngsten Aussagen von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU): "Wie Herr Pofalla zu sagen, die deutschen Nachrichtendienste hielten zu 100 Prozent den Datenschutz ein, ist sehr mutig", sagte Peter Schaar. "Wenn Sie meine Tätigkeitsberichte lesen, werden Sie feststellen, dass da auch nicht alles zu 100 Prozent datenschutzkonform gelaufen ist."

NSA investiert in britischen Geheimdienst

Für Empörung in der Öffentlichkeit hat in den letzen Tagen vor allem die Tatsache gesorgt, dass die Software XKeyscore von den USA auch an die deutschen Geheimdienste Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz geliefert wurde. "Ich bin beunruhigt, dass XKeyscore jetzt auch von den deutschen Nachrichtendiensten eingesetzt werden soll", sagte der sozialdemokratische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Eine damit verbundene Totalüberwachung wäre mit dem Grundgesetz auf keinen Fall vereinbar."

FDP fordert Moratorium

Auch Gisela Piltz, die die Regierungsfraktion der Freien Demokraten (FDP) im Parlamentarischen Kontrollgremium vertritt, hält einen Einsatz von XKeystore für nicht verfassungskonform. "Wir fordern ein Moratorium des Programms, bis alle offenen Punkte geklärt sind", sagte sie.

Scharf geht die Linkspartei mit der Bundesregierung ins Gericht. Diese ließe "millionenfachen Grundrechtsbruch" zu und leiste direkt oder indirekt Beihilfe dazu, sagte Steffen Bockhahn, Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium. "Die Regierung versagt demokratisch. Sie versagt rechtsstaatlich. Sie versagt bürgerrechtlich." Auch der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele griff die Bundeskanzlerin direkt an. "Appellieren ist wohlfeil, doch durchgreifen ist nötig, Frau Merkel", sagte er bezugnehmend auf den Ausspruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, in Deutschland müsse deutsches Recht gelten.

Vereinbarung mit den USA gekündigt

Die Bundesregierung hat unterdessen eine jahrzehntealte Vereinbarung zwischen Deutschland, Großbritannien und den USA aufgehoben. Im gemeinsamen Einvernehmen sei die Verwaltungsvereinbarung aus den Jahren 1968/1969 außer Kraft getreten, teilte das Auswärtige Amt am Freitag in Berlin mit. Die diplomatische Übereinkunft hatte den Geheimdiensten beider Länder nachrichtendienstliche Tätigkeiten auf deutschem Boden erlaubt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, ihre Aufhebung sei eine "notwendige und richtige Konsequenz aus den jüngsten Debatten zum Schutz der Privatsphäre".