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Neue Bücher zu Friedrich dem Großen

Gabriela Schaaf10. Februar 2012

Zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs Friedrich II. ist eine Fülle neuer Bücher erschienen: Gut lesbar und fernab der üblichen Klischees. Im Mittelpunkt steht der Mensch und Monarch. Eine Auswahl.

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Eine Statue Friedrichs des Großen (Alter Fritz) im brandenburgischen Ort Letschin im Oderbruch, aufgenommen am 11.01.2012. Foto: Patrick Pleul
Bild: picture-alliance/dpa

Einen ungewöhnlichen Blick auf Friedrich II. erlaubt uns zunächst Autor Jürgen Luh: Er folgt in seinem Buch nämlich nicht, wie sonst üblich,  der Chronologie des Lebens, sondern beschreibt den Preußenkönig anhand bestimmter Eigenschaften: Ruhmsucht zum Beispiel, oder Eigensinn. Die These des Historikers, der bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam arbeitet, lautet: Friedrich der Große hatte vor allem eines im Sinn - unvergänglichen Ruhm. Das war, so schreibt der Autor, seine wesentliche Antriebskraft. Friedrich habe sich schon früh zu Höherem berufen gefühlt und ein Großer sein wollen, nicht nur für seine Zeitgenossen, sondern auch für die Nachwelt.

Der Dichterkönig

Luh zitiert aus Briefen des Kronprinzen und späteren Monarchen, er lässt ihn auch durch seine Gedichte sprechen. Friedrich war, wie er selbst sagte, süchtig nach Reimen. Luh beleuchtet die Beziehung zum französischen Philosophen Voltaire und bezeichnet diese als reines Zweckbündnis - wiederum zum höheren Ruhme. Von beiden allerdings! Kritisch wird der Ruhm Friedrichs als Feldherr und Politiker beleuchtet. Das Buch des Potsdamer Historikers ist daher nicht nur kenntnisreich, sondern zeichnet sich durch große Anschaulichkeit und kluge Gedanken aus. Eine gewinnbringende Lektüre.

Buchcover "Friedrich der Große" von Jürgen Luh
Bild: DVA Verlag

Friedrich, der Vielseitige

Darf man Friedrich II. feiern, ja, darf man ihn heutzutage überhaupt noch "den Großen" nennen? Dieser Frage geht der Historiker Tillmann Bendikowski nach, und er beantwortet sie unumwunden mit ja. Der Autor hat eine klassische Biographie vorgelegt und spannt den Bogen vom "Leid der frühen Jahre" bis zum Tode des Monarchen, den er mit differenziertem Blick schildert. Friedrich als ein Multitalent, vielseitig interessiert und begabt, mit künstlerischen Interessen, sozialen Neigungen, volkstümlich und tolerant – aber eben auch der unnachgiebige Feldherr und Militär.

Die Hälfte seines Buches freilich widmet Bendikowski der facettenreichen Rezeption des Preußenkönigs und den Fragen, wer die historische Figur für welche Zwecke instrumentalisiert, ja missbraucht hat und wann. Das liest sich spannend und gelegentlich auch komisch. So hieß es etwa kurz nach dem Tod des Monarchen –- der übrigens einen Kursverfall der Wertpapiere an der Londoner Börse zur Folge hatte -  "Gott sei Dank, das alte Ekel ist endlich tot." Friedrich war nicht mehr beliebt. Kein Wunder, er hatte sich vom feinsinnigen, kunstverständigen und toleranten jungen Regenten  in einen autoritären Tyrannen und knorrigen Feldherrn gewandelt. Was dann aber geschah: Von der Vereinnahmung durch konservative Kräfte des 19. Jahrhunderts, über die brodelnde Gerüchteküche (war "der Große" etwa homosexuell?), den Streit um das königliche Reiterstandbild von Christian Daniel Rauch bis hin zum "Großen König der Nazis" und schließlich die Wirrungen um Friedrichs Umbettung 1991 in Sanssouci – das ist wirklich sehr lesenswert. Bendikowskis Fazit: Keine Wiederbelebung, Friedrich der Große als politisch-historische Überfigur ist tot. Eine Auferstehung hat es nicht gegeben. Friedrich ist samt seinem Schloss eine Touristenattraktion geworden.

Buchcover Friedrich der Große Tillmann Bendikowski Verlag: C. Bertelsmann Verlag (12. September 2011)

Vorbild "Alter Fritz"

Tom Goeller fragt sich in seinem Buch "Der Alte Fritz", ob der Preußenkönig noch heute aktuell ist und plädiert dafür, die historische Figur aus den mit Klischees beladenen Schubladen hervorzuholen, in die er seit seinem Tod von Verehrern wie Gegnern gesteckt wurde. Den einen galt er als schneidiger Heerführer, andere verachteten ihn als skrupellosen Despoten, er wurde als toleranter und aufgeklärter Herrscher bewundert, als politischer Reformer gepriesen – und als Frauenfeind geschmäht.

Tom Goeller wirbt für einen anderen Blick auf den preußischen Monarchen, wägt dessen Verdienste ab und lässt trotzdem die dunklen Seiten Friedrichs II. nicht außer acht. Goeller blickt auf den Menschen Friedrich – und nicht auf ein historisches Denkmal. Er schildert die Erfahrungen des jungen Kronprinzen ebenso wie die Herausforderungen im Leben des Monarchen, vermeidet distanzlose Bewunderung, aber auch eifernde Kritik. Gewürzt ist das Buch mit interessanten Aussagen noch heute lebender Politiker – Altpolitiker, möchte man einschränkend sagen. Die derzeitigen Akteure in Berlin hielten sich fast durchweg mit Stellungnahmen zurück. Altkanzler Helmut Schmidt jedenfalls stellt fest: "Friedrich war ein Militarist". Altbundespräsident Richard von Weizsäcker ist beeindruckt von Friedrichs "Auseinandersetzung zwischen Geist und Macht". Altbundespräsident Walter Scheel lobt Friedrichs „unbändigen Willen zu Reformen und Veränderungen“. Eine Ausnahme immerhin machte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, der Zeit fand, Goellers Frage zu beantworten: "Wichtig und höchst widersprüchlich" nennt er, ganz ausgewogen, den Preußenkönig. Der Autor hat nicht nur viel informatives Material zusammen getragen, er präsentiert es auch in einem wunderbaren leichten Plauderstil, lebendig, gelegentlich ironisch und daher gut lesbar.

Der alte Fritz Mensch, Monarch, Mythos. Buchcover von Tom Goeller (Autor)
Bild: Hoffmann und Campe

Alltag des Preußenkönigs

Norbert Leitholds kulturgeschichtliches Panorama "Friedrich II. von Preußen" ist ein wahres Highlight in der Reihe der durchweg guten bis hervorragenden Neuerscheinungen! Informativ und äußerst unterhaltend schildert er den Alltag zur Zeit des berühmten Preußenkönigs, von A wie Abenteurer bis Z wie Zeitungen. Der Autor hat Archive durchforstet, Briefe und Dokumente ausgewertet und daraus ein höchst vergnügliches Buch gemacht, das zum Blättern und zum Immer-wieder-Lesen einlädt. Wir bekommen einen Eindruck von den Essgewohnheiten bei Hofe, von wüsten Gelagen und kultivierten Tafelrunden,  werfen einen Blick auf Freunde und Feinde, auf die Persönlichkeit dieses Königs, der gebildet war und großzügig, aber auch herrschsüchtig und streng, der großartige Geschenke machte - Pferde, Geld, Mobiliar, Porzellan. Manchmal hat er auch die Schulden von Verwandten bezahlt. Man kann lesen, was Krankheit damals bedeutete und was Tod. Man erfährt, wie das Leben der zahlreichen Dienerschaft bei Hofe sich gestaltete. Das alles in einer besonders schönen Aufmachung: Umschlag, Papier, Druckbild, grafische Gestaltung – alles vom Feinsten! Wie es sich eben bei einem solchen Thema gehört.

Autorin: Cornelia Rabitz
Redaktion: Gabriela Schaaf

Die Bücher:
Tillmann Bendikowski: "Friedrich der Große". C. Bertelsmann, 331 Seiten, 
19,99 Euro
Jürgen Luh: " Der Große. Friedrich II. von Preußen", Siedler Verlag, 287 Seiten,
19,99 Euro
Tom Goeller "Der Alte Fritz. Mensch, Monarch, Mythos." Hoffmann und Campe, 351 Seiten,  21,99 Euro
Norbert Leithold: Friedrich II. von Preußen. Ein kulturgeschichtliches Panorama von A bis Z. Die Andere Bibliothek im Eichborn Verlag. 428 Seiten, 32 Euro