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Neue Probleme

Ute Schaeffer5. März 2007

Vor 50 Jahren erklärte Ghana als erster afrikanischer Staat seine Unabhängigkeit. Seitdem sind neue Abhängigkeiten und Probleme entstanden, die effizienter als bisher bekämpft werden müssten, meint Ute Schaeffer.

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Ute Schaeffer
Ute SchaefferBild: DW

Ghana ist ein gutes Beispiel, was die Reform-Staaten Afrikas erreichen konnten: freie und demokratische Wahlen, eine relative Liberalisierung der Wirtschaft, eine weitgehend freie Presse und aktive Zivilgesellschaft. Ghana gehört zu den Modell-Staaten Afrikas, die sich erfolgreich mühen, sozialistische Altlasten abzuschütteln, Korruption zu bekämpfen, dem massiven Auswanderungsdruck Bildung und Perspektiven für Jüngere entgegen zu setzen.

Doch das Beispiel Ghana zeigt auch: Dem Wachstum sind Grenzen gesetzt in den Staaten auf dem Kontinent, die weitgehend ohne Ressourcen auskommen müssen. Neue Abhängigkeiten - von den Rezepten der Geber von Entwicklungshilfe, von den Internationalen Währungsinstitutionen, vom Welthandel - sind heute, rund fünf Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit der ersten afrikanischen Staaten, an die Stelle der alten kolonialen Abhängigkeiten getreten.

Ressourcen bringen Wachstum

Immer noch sind Ressourcen der sicherste Schlüssel zum Erfolg für afrikanische Staaten. Und Afrikas Rohstoffe werden für die Weltwirtschaft wichtiger werden in den kommenden Jahren. Coltan und Gold im Kongo, Öl in Angola, Mangan in Gabun - seit dem Jahr 2000 etwa verzeichnen Afrikas ressourcenreiche Staaten sattes Wachstum.

Doch zum Befreiungsschlag gegen Armut und Unterentwicklung werden die Rohstoffe nur dann, wenn sie von einer verantwortungsvollen Politik begleitet werden. Angola zählt mit 26 Prozent Wirtschaftswachstum zu den weltweit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften; doch kommen die Einnahmen den Armen im Land kaum zugute. Hier - wie in vielen anderen Staaten des Kontinents - werden die natürlichen Reichtümer zum Selbstbedienungs-Laden einer korrumpierten politischen Elite.

Investitionen statt Entwicklungshilfe

Auch aus den Fesseln gut gemeinter Entwicklungskonzepte kann sich die Mehrheit der afrikanischen Staaten bisher nicht befreien: Mehr als die Hälfte der Gelder, die nach Subsahara-Afrika fließen, sind Gelder für Entwicklungshilfe. Echte Wirtschaftsinvestitionen wären wichtiger - und sie würden die Staaten unabhängiger machen. Eine ganze Schar von Gebern überrennt Länder wie den Senegal, Kenia oder Äthiopien mit wohlmeinenden Entwicklungsrezepten. Vielfach setzten sie auf die falschen Akteure, stärken korrupte Regime und Autokraten. Sie schaffen Parallelstrukturen und nehmen der politischen Elite des Landes die Verantwortung ab.

Die "Hätschel-Kinder" der Entwicklungszusammenarbeit haben oft verlernt, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Warum geht im Senegal immer noch die Hälfte der Kinder nicht zur Schule, obwohl die Geber gerade in den Bildungssektor investiert haben? Warum sterben in Kenia immer noch jedes Jahr Menschen an Hunge, obwohl es eigentlich nur an Infrastruktur und Verteilung fehlt, um das zu verhindern? Warum knüppelt das autoritäre Regime in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba Demonstranten nieder, inhaftiert sie in Straflagern und darf dennoch mit der Fortführung von Entwicklungsprojekten rechnen?

Es fehlt an Verantwortung, am politischen Willen im unabhängigen Afrika - nicht überall, aber in manchen Staaten dramatisch. Unter den Schlusslichtern auf dem UN-Index zur menschlichen Entwicklung finden sich unverändert so gut wie ausschließlich afrikanische Staaten.

Wandel und Hoffnung

Doch fünf Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit hat sich auch vieles in Afrika zum Positiven verändert: Was die politischen Rechte, die bürgerliche Freiheiten angeht, haben sich die Bedingungen in Subsahara-Afrika in den vergangenen 15 Jahren substanziell verbessert. Wechsel von autoritären Regime zu demokratischen Strukturen sind Ländern wie Benin, Mali, Mosambik, Namibia oder Südafrika gelungen. In Liberia oder in Sierra Leone wurden jahrzehntelange Bürgerkriege beigelegt. Afrika will Krisen und Konflikte auf dem Kontinent gemeinsam lösen - im Rahmen der im Jahr 2002 gegründeten Afrikanischen Union (AU), sollen Sicherheitskrisen und schwere Menschenrechtverletzungen durch afrikanische Militär-Interventionen gestoppt werden. Die schleppende Entsendung von AU-Soldaten nach Somalia in diesen Wochen zeigt, dass es bei der Umsetzung noch hakt - die politische Notwendigkeit aber ist erkannt, die Aufgaben werden entschlossen angegangen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges war Afrika von der Agenda verschwunden. Seit Beginn des neuen Jahrtausends hat sich das geändert. Alte Einflussmächte wie die USA oder Großbritannien verstärken ihre Präsenz, neue Akteure wie China drängen mit Macht auf den afrikanischen Kontinent. Ihre Interessen ähneln sich: Zuerst geht es um den Bezug preiswerter Rohstoffe, danach auch um die Eindämmung von Krisen und Konflikten.

Und es gibt einen weiteren guten Grund dafür, dass Afrika stärker im Fokus internationaler Politik steht: Die Erkenntnis, dass die drängenden Fragen der Zukunft - allen voran das Klima, aber auch Pandemien und Migration - ohne Afrika nicht beantwortet werden können. Die globalen Zukunftsfragen lassen sich nur gemeinsam lösen - keiner kann sie unabhängig vom anderen gestalten.