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Neuanfang

7. Mai 2009

Erst waren sie ein Herz und eine Seele, dann zerstritten sie sich. Vier Jahre nach der Ära Schröder scheinen sich Gewerkschaften und SPD wieder anzunähern.

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Michael Sommer, mächtiger Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Foto: AP)
Michael Sommer, mächtiger Vorsitzender des Deutschen GewerkschaftsbundesBild: DGB

Eine Liebeserklärung ist es nicht gerade - dafür ist schon der Titel zu spröde: "Gemeinsames Positionspapier" nennt sich das, was SPD und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) miteinander ausgehandelt haben.

In der Sache geht es um EU-Richtlinien, Institutionen und Gerichtsentscheidungen. Dahinter steckt allerdings auch der Versuch, eine Partnerschaft wiederzubeleben, die vor Jahren in tiefer Enttäuschung auseinandergegangen ist.

Die Forderungen des Papiers lauten: In den Vertrag von Lissabon müsse ein Bekenntnis zum sozialen Fortschritt aufgenommen werden. EU-Länder mit hohen sozialen Standards müssten diese besser gegen die Konkurrenz aus Ländern verteidigen können, die niedrigere Anforderungen haben. Außerdem müsse die nächste EU-Kommission ein stärkeres soziales Profil haben. Die Gewerkschaften fordern das schon lange.

Der SPD-Europapolitiker Martin Schulz (Foto: DPA)
Der SPD-Europapolitiker Martin SchulzBild: picture-alliance/ dpa

SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz stimmte mit ein. "Keine Kommission kann mit den Stimmen unserer Abgeordneten ins Amt kommen, ohne sich den Positionen dieses Papiers anzuschließen", verspricht er den Gewerkschaften.

"Miteinander statt gegeneinander"

Lange Jahre waren SPD und die Gewerkschaften in der Bundesrepublik eng miteinander verbunden. Vor Wahlen empfahlen die Gewerkschaften ihren Mitgliedern, ihr Kreuz bei der SPD zu machen. Die SPD sah sich auch als Interessenvertretung der Gewerkschaften in den Parlamenten.

Doch die Sozialreformen der Regierung Schröder führten zum Zerwürfnis zwischen beiden. Die Gewerkschaften pochten nun auf parteipolitische Unabhängigkeit, viele Mitglieder wandten sich der Linkspartei zu.

Nun hofft die SPD wieder auf die Unterstützung des einflussreichen Gewerkschaftsbundes. Auf der DGB-Kundgebung am 1. Mai trat SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier auf. "Miteinander statt gegeneinander", rief er den Gewerkschaftern zu. Vor dem Hintergrund der globalen Krise könnten weder Gewerkschaften noch Politiker allein die Arbeitnehmer vor dem sozialen Abstieg schützen.

Das gemeinsame Papier ist nun ein erstes Signal, dass sich Gewerkschaften und Sozialdemokraten wieder stärker annähern. Vor allem in der SPD sieht man sich schon auf halbem Wege zu der ersehnten Wahlempfehlung des einflussreichen Gewerkschaftsbunds. "Nicht nur die Inhalte, sondern auch die Akteure, die sie umsetzen", unterstütze das Papier, verkündete die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles. Und meint damit den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz, der zu den Mitautoren der Erklärung gehört.

Und Punkt

Ganz so möchte der DGB das allerdings nicht verstanden wissen. Die Gewerkschaften seien nach wie vor eine überparteiliche Organisation, betonte DGB-Chef Michael Sommer. "Wir machen Empfehlungen für Politik, nicht für Parteien", sagte er. Wer sich den Positionen des Papiers anschließe, genieße die Unterstützung der Gewerkschaften. "Und jetzt haben wir hier und heute einen Anfang gemacht. Punkt."

Autor: Mathias Bölinger

Redaktion: Kay-Alexander Scholz